Kiew droht Aktivisten im Osten mit Gewalteinsatz
Ukrainische Regierung setzt prorussischen Besetzern Frist – Brüssel beschließt Unterstützungsgruppe
Kiew/Brüssel/Moskau/Straßburg – Die ukrainische Regierung hat den prorussischen Aktivisten im Osten des Landes mit einem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gedroht. „Diejenigen, die auf Konflikt setzen, werden die Härte des ukrainischen Staates zu spüren bekommen“, sagte Innenminister Arsen Awakow am Mittwoch in Kiew. Einem TV-Bericht zufolge wurde bereits Militärtechnik in die Stadt Lugansk verlegt.
Laut Awakow werde der „AntiTerror-Einsatz“gegen Separatisten in den Gebieten Donezk, Charkiw und Lugansk nahe der russischen Grenze fortgesetzt. Der Konflikt werde innerhalb von 48 Stunden gelöst. Sollten Verhandlungen scheitern, werde Gewalt angewandt.
In Lugansk hatten mehrere Hundert moskautreue Aktivisten ein Gebäude des Geheimdienstes SBU besetzt und dutzende Geiseln genommen. Die meisten von ihnen – 56 – wurden nach SBU-Angaben in der Nacht auf Mittwoch nach Verhandlungen mit Abgeordneten wieder freigelassen. In der Millionenstadt Donezk war das Gebäude der Regionalverwaltung am Mittwoch weiter von prorussischen Kräften besetzt.
Die EU-Kommission beschloss unterdessen eine Unterstützungs- gruppe für die Ukraine. Es handle sich um ein „klares Signal“und betone „unsere Entschiedenheit, der Ukraine langfristig zu helfen“, erklärte eine Sprecherin von EUKommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel. Die Gruppe werde dem Land dabei helfen, die europäische Reformagenda umzusetzen. Bis Jahresende solle die Gruppe mit Kiew klären, welche technischen Hilfen erforderlich seien. „Unser gemeinsames Ziel ist es, eine demokratische, unabhängige und prosperierende Ukraine zu haben.“
Zuvor hatte eine Sprecherin der EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton eine neue diplomatische Initiative der Union angekündigt: Bei einem Treffen der Außenminister von EU, USA, der Ukraine und Russland in der kommenden Woche soll über eine Deeskalation der Lage in der Ukraine gesprochen werden.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Moskau man- gelnde Kooperationsbereitschaft vor. „Es ist leider an vielen Stellen nicht erkennbar, wie Russland zur Entspannung der Situation beiträgt“, sagte sie am Mittwoch im Deutschen Bundestag. Insbesondere forderte sie die Führung in Moskau auf, sich mit der neuen ukrainischen Regierung endlich an einen Tisch zu setzen.
Das Außenministerium in Moskau wies den Vorwurf, Russland konzentriere Truppen an der Grenze zur Ukraine, als „antirussische Kampagne“zurück. „Die Tätigkeit russischer Streitkräfte bedroht weder die Sicherheit der USA noch die anderer OSZE-Staaten“, teilte das Ministerium am Mittwoch mit. „Die USA und die Ukraine haben keinen Grund zur Besorgnis.“Nötig sei ein konstruktiver Dialog, um die Lage in der Ukraine zu stabilisieren.
Fischer: EU machte Fehler
Bundespräsident Heinz Fischer sagte am Mittwoch vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg, die EU habe in der Ukraine-Krise Fehler gemacht. So sei Kiew keine substanzielle wirtschaftliche Unterstützung angeboten worden. Laut Fischer soll die Ukraine eine „Brückenfunktion zwischen der EU und Russland“einnehmen. (red)