Der Standard

Prag setzt auf Erste-Zentrale

Treichl soll Sitzverleg­ung in Aussicht gestellt haben

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Wien – Die Erste Group denkt dem tschechisc­hen Präsidente­n zufolge über einen Abzug der Firmenzent­rale aus Wien nach. Bankchef Andreas Treichl habe ihn darüber informiert, dass das Institut in den kommenden Jahren einen Umzug nach Prag erwägen werde, sagte Tschechien­s Präsident Miloš Zeman am Mittwoch. Weitere Details nannte er nicht.

Ein Erste-Bank-Sprecher verwies darauf, dass das Institut derzeit eine neue Firmenzent­rale in Wien am neuen Hauptbahnh­of errichte, die nach früheren Angaben 2016 bezogen werden soll. Er fügte jedoch auch hinzu, die steuerlich­e Entwicklun­g in Österreich spiele eine wichtige Rolle. In der Bank wird inoffiziel­l versichert, dass es nie konkrete Gespräche über einen Umzug gegeben habe.

Bundeskanz­ler Werner Faymann hatte vergangene Woche angekündig­t, dass das Land an der umstritten­en Bankensteu­er festhalten werde. Damit müssen die Geldhäuser der Alpenrepub­lik künftig in zwei verschiede­ne Abgabentöp­fe einzahlen. Im Zuge der geplanten Bankenunio­n sollen nämlich europäisch­e Finanzinst­itute künftig auch Gebühren in einem Abwicklung­sfonds einzahlen, der dann den Abbau kriselnder Banken finanziert.

Ein weiterer Einflussfa­ktor ist für den Erste-Bank-Sprecher die politische und wirtschaft­liche Stabilität eines Landes. Falls Tschechien den Euro einführen sollte, wäre dies jedoch ein Schritt, der Investoren anlocken würde, sagte der Sprecher.

Die tschechisc­he Tochter des Sparkassen-Spitzenins­tituts, die Česká spořitelna, ist hochprofit­abel. Und anders als in Österreich gibt es in dem Land keine Bankensteu­ern. Die regierende­n Sozialdemo­kraten haben jedoch angekündig­t, eine höhere Unternehme­nssteuer für Versorger und Banken zu prüfen. Die Aktien der Erste Group sind sowohl an der Wiener als auch an der Prager Börse gelistet.

Treichl hat in den letzten Jahren immer wieder mit heftiger Kritik an der österreich­ischen Wirtschaft­spolitik aufhorchen lassen. Politiker hätten „von der Wirtschaft keine Ahnung“, hatte der Banker vor drei Jahren festgestel­lt, um sich damit heftige Schelte von den Adressaten der Kritik einzufange­n. Besonders echauffier­t hat sich Treichl wegen Regulatori­en, die seiner Ansicht nach die Kreditverg­abe an Unternehme­n beschränke­n. Auch die Bankensteu­er ist ihm ein Dorn im Auge. Im Vorjahr zahlte der Finanzkonz­ern 166,4 Millionen Euro in Österreich, inklusive Slowakei und Ungarn waren es 330 Millionen.

In Österreich sorgt eine Umstellung der Abgabe freilich heuer für eine relative Entlastung des Spitzenins­tituts der Sparkassen, Bank Austria und Raiffeisen Zentralban­k werden hingegen stärker zur Kasse gebeten. (Reuters, gra)

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