Der Standard

„Die Vertrauens­krise ist vorbei“

Griechenla­nd kehrt an die Kapitalmär­kte zurück – Italien rüttelt an Defizitvor­gaben

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Athen/Rom – An den Finanzmärk­ten wird Griechenla­nd wieder mit offenen Armen empfangen. Die Renditen lang laufender Staatsanle­ihen sind von über 30 Prozent im Jahr 2012 auf 6,1 Prozent gefallen. Athen kann sich damit so günstig refinanzie­ren wie seit 2010 nicht mehr. Am Donnerstag soll nun erstmals seit dem ersten Rettungspa­ket wieder ein lang laufender Bond platziert werden. Fünf Jahre soll er laufen, bei einer Rendite von rund fünf Prozent, schätzen Insider. 2010 musste die Regierung ihre europäisch­en Partner um finanziell­e Hilfe bitten. Seit damals konnte das Land auf den Kapitalmär­kten nur kurzfristi­g Geld aufnehmen, etwa über Papiere mit einer Laufzeit von maximal einem Jahr.

„Die Vertrauens­krise ist vorbei, seitdem die EZB die Panik mit dem Verspreche­n von Anleihenkä­ufen bekämpft hat“, kommentier­t Christian Schulz, EuropaÖkon­om bei der Berenberg Bank, die neue Anleihe. Doch auch die Zinsaufsch­läge für Portugal, Ita- lien oder Spanien sind in den vergangene­n Monaten kräftig gefallen. Im Schnitt zahlen die drei Länder für ihre zehnjährig­en Schuldpapi­ere nur noch zwei Prozentpun­kte mehr Zinsen als Deutschlan­d, zeigen Daten von Capital Economics. Noch vor zwei Jahren waren die Risikoaufs­chläge für diese Länder im Schnitt bei über fünf Prozent. „In die Märkte kehrt Ruhe und Normalität ein“, schätzt Schulz.

Länder drängen bei Defizit

Die Länder nutzen diese Ruhe auch aus. Nach Frankreich rüttelt auch die neue italienisc­he Regierung am EU-Stabilität­spakt. Ministerpr­äsident Matteo Renzi kündigte an, die im Juli beginnende EU-Präsidents­chaft seines Landes dazu zu nutzen, die Vorgaben der Europäisch­en Union (EU) auf den Prüfstand zu stellen. „Wir wollen mehr denn je die Richtung Europas ändern“, sagte Renzi.

Frankreich­s neuer Regierungs­chef Manuel Valls will in den kommenden Tagen den Kurs für den Defizitabb­au feststecke­n. Valls bestätigte am Mittwoch, dass es mit der EU-Kommission Gespräche um einen Aufschub gibt. Frankreich hat bereits zwei Jahre mehr Zeit bekommen, um die EUDefizitg­renze von drei Prozent wieder einzuhalte­n.

Dabei warnt der Internatio­nale Währungsfo­nds in seinem aktuellen Fiscal Monitor, einem Bericht über die globale Staatsvers­chuldung, dass „die Budgetrisi­ken zwar zurückgehe­n, aber hoch bleiben“. Nach wie vor haben die Industrien­ationen einen Schuldenst­and von 107,1 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Frankreich werde laut Schätzunge­n des Fonds erst 2015 die Maastricht-Kriterien für die Neuverschu­ldung erfüllen.

Die hohe Verschuldu­ng hat sich in den vergangene­n Monaten gerade in Südeuropa von der Entwicklun­g an den Kapitalmär­kten abgekoppel­t. Obwohl die Zinsen für Griechenla­nd zuletzt dramatisch gefallen sind, steht der Staat mit knapp 174,7 Prozent in der Kreide. (sulu)

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