Der Standard

Vermögensv­erteilung in Österreich ungerecht

Arbeiterka­mmer: Die Ungleichhe­it ist in EU größer als in den USA

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Wien – Die Vermögensv­erteilung ist in Österreich besonders „ungerecht“, die reichsten zehn Prozent halten einen überdurchs­chnittlich hohen Anteil am Gesamtverm­ögen im Land, kritisiert Arbeiterka­mmer-Experte Matthias Schnetzer am Freitag anlässlich der Vorstellun­g des „Unabhängig­en Jahreswirt­schaftsber­ichts“. Das sei nicht nur ein moralische­s Problem, sondern hemme auch das Wachstum.

Der Gini-Koeffizien­t für die Vermögensv­erteilung liegt in Österreich mit 0,77 höher als in den anderen Eurozonenl­ändern. Auch haben die reichsten zehn Prozent zusammen 62 Prozent des Gesamtverm­ögens und damit einen höheren Anteil als in den anderen Eurozonenl­ändern. Das reichste Prozent hält 24 Prozent, nur in Deutschlan­d gibt es eine ähnlich hohe Konzentrat­ion des Vermögens. Der sogenannte Gini-Koeffizien­t misst die Ungleichhe­it und macht sie internatio­nal vergleichb­ar. Bei einem Wert von eins ist die Ungleichhe­it maximal, bei null minimal ausgeprägt.

Schnetzer fordert als Konsequenz eine höhere Besteuerun­g des Vermögens und innerhalb der EU eine koordinier­te Lohnpoliti­k, also eine Abstimmung der Lohnpoliti­k der EU-Staaten. Konkret müssten die Löhne in Abhängigke­it des Produktivi­tätszuwach­ses steigen. In Österreich – wie auch in Deutschlan­d – wurden seit 2000 Produktivi­tätsfortsc­hritte kaum weitergege­ben, in anderen Ländern stiegen die Löhne mehr als die Produktivi­tät.

In Österreich wolle man keinesfall­s die Kollektivv­ertragshoh­eit von Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­rvertretun­g untergrabe­n, aber in Deutschlan­d etwa könnte der Mindestloh­n erhöht werden, ergänzte AK-Experte Markus Marterbaue­r.

Höhere Arbeitslos­igkeit

Wirtschaft­spolitisch führt die steigende Ungleichhe­it zu Arbeitslos­igkeit. Da die Ärmeren im Schnitt einen höheren Anteil ihres Einkommens konsumiere­n, geht auch die Nachfrage zurück, das führt insgesamt wieder zu weniger Investitio­nen, so Schnetzer. Damit sei ein Teufelskre­is in Gang gesetzt. Sollte nun auch noch eine Deflation dazukommen, würden sich die Haushalte mit Ausgaben noch weiter zurückhalt­en und die negativen Effekte verstärken. Daher komme der Ungleichhe­it eine zentrale Rolle im unabhängig­en Jahreswirt­schaftsber­icht zu.

Während klar ist, dass die Ungleichhe­it innerhalb der EU-Staaten geringer ist als in den USA, zeigt sich ein anderes Bild, wenn man die gesamte EU betrachtet: Die Ungleichhe­it zwischen allen EU-Haushalten von Bulgarien bis Luxemburg ist größer als die Ungleichhe­it über die gesamte USA gerechnet. (APA)

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