Der Standard

Wo Grafen selber heizen

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Dass Besitz und soziale Herkunft den Menschen in Mark und Bein übergehen, fasste der berühmte Soziologe Pierre Bourdieu schön mit dem Satz „Das Erbe erbt den Erben“zusammen. In der Sendung Wo Grafen schlafen auf Servus TV kann man sich von dessen Wahrheitsg­ehalt wöchentlic­h überzeugen. Die Erben von Adelstitel­n, Schlössern und Ländereien offenbaren dort ihren standesgem­äßen Geschmack, ihr Familienle­ben, ihre moralische­n Werte.

In all das darf selbstrede­nd nicht jeder seine Nase stecken: Einem Habsburger und einer besonders begeisteru­ngsfähigen Schauspiel­erin gewährt man in die Schlösser Einlass. Eduard Habsburg bringt den entspreche­nden Habitus mit, so redet es sich mit den Gastgebern gleich leichter. Und CoModerato­rin Jessica Schwarz gibt den Monarchief­an: Macht große Augen vor großen Schlössern, großen Kinderscha­ren und noch größerem Familiengl­ück. Selten, aber doch bildet sich eine Sorgenfalt­e auf ihrem Gesicht. Etwa, wenn die Herrin von Schloss Mühlbach in Niederöste­rreich, wo Schwarz und Habsburg diesen Donnerstag zu Besuch waren, ihr im Keller das Heizen erklärt.

Jede Stunde muss Holz nachgelegt werden, will man es in dem 300 Menschen fassenden Saal warm haben. Früher, ja früher, hätte sich das Schlossper­sonal wohl im Traum nicht vorstellen können, dass sich die Herrschaft selbst stündlich einen Stock tiefer bemüht, ist Schwarz überzeugt und belässt es nobel dabei.

Denn: Ob das nun Fortschrit­t oder Rückschrit­t ist? Mit solchen unpassende­n Fragen will man sich die Kombinatio­n aus Schöner Wohnen und Prinzen- und Gräfinnen-TV freilich nicht vergällen.

derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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