Auszeichnung für Studie zu Motivation und Lernerfolg
Linz – Beim Thema Schule stehen meist strukturelle Reformen im Vordergrund. Einen anderen Ansatz hat Christoph Helm vom Institut für Pädagogik und Psychologie der Johannes-Kepler-Universität (JKU) Linz gewählt: Er hat die Wechselwirkung von Lehrerverhalten, Motivation und Lernerfolg untersucht. Seine Arbeit „Reziproke Effekte zwischen wahrgenommenem Lehrerverhalten, intrinsischer Lernmotivation und Schülerleistungen im Fach Rechnungswesen“erklärt das Lernen allgemein und wurde nun mit dem Österreichischen Wissenschaftspreis für Berufsbildungsforschung 2014 ausgezeichnet.
Dabei hat Helm die konkreten Auswirkungen der Motivation auf den Lernerfolg bei 358 Schülerinnen und Schüler aus 14 Klassen von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen untersucht. Damit konnte Helm nachweisen, dass wertschätzendes Lernverhalten nicht nur die Motivation und das Interesse steigert, sondern sich tatsächlich positiv auf den Lernerfolg auswirkt – wenig überraschend, aber erstmals wissenschaftlich bewiesen. Weiters hat die Untersuchung auch gezeigt, dass sich das Lehrerverhalten ändert – je nachdem, wie die Lehrkraft ihre Schüler erlebt. Es motiviert nicht nur die Lehrperson die Lernenden, sondern die Schülerinnen und Schüler motivieren auch die Lehrperson. (red) Krems – Der am 23. November im Alter von 90 Jahren verstorbene Doyen der historischen Erziehungswissenschaft, Helmut Engelbrecht, hat kurz vor seinem Tod seines letztes Werk vorgelegt: Unendlicher Streit durch die Jahrhunderte – Vereinheitlichung oder Differenzierung in der Organisation der österreichischen Schulen. Er hat damit ein Thema aufgegriffen, dass nach der von der Industriellenvereinigung ausgerufenen „Bildungsrevolution“mit der Forderung nach der Gesamtschule aktueller denn je ist. Helmut Engelbrecht hat mit der für sein ganzes wissenschaftliches Werk kennzeichnenden Akribie zahllose Quellen ausgewertet. Er spannte den Bogen vom 18. Jahrhundert bis zu den heutigen Entwicklungen.
Es mag überraschen, dass Kaiser Joseph II. schon 1781 eine Vereinheitlichung der Schultypen wünschte, da „eine Verbindung der lateinischen mit den Normalschulen höchst notwendig sey“. Er sah darin eine Möglichkeit, Staatsausgaben einzusparen. Er scheiterte am Widerstand der huma- nistisch ausgerichteten Gymnasiallehrer. Der Autor bringt die zahlreichen Erneuerungsversuche der letzten Jahrhunderte. Jedenfalls zeigt er deutlich auf, dass nach Versuchen, die Schulformen zusammenzulegen, meist eine noch größere Differenzierung entstanden ist. 1805 wurde nach deutschem Vorbild die Realschule eingeführt. Als man diese 1849 mit den Gymnasien zusammenlegen wollten, scheiterte man wieder an den Gymnasiallehrern, welche die Kürzung des Lateinunterrichts befürchteten. Schließlich entstand aus diesen Bestrebungen 1908 das Realgymnasium als neuer Schultyp.
Schon damals forderte Otto Glöckel für die Sozialdemokraten eine Einheitsschule, zu der sich dann nach dem Ersten Weltkrieg die Bürgerschule entwickeln sollte. Die Gründe waren dieselben wie heute: Minderung der sozialen Gegensätze und Hebung des Bildungsniveaus. In der in Wien erprobten „Allgemeine Mittelschule“unterrichteten damals auch schon freiwillige Gymnasiallehrer. Der Beitrag zur sozialen Integration war allerdings gering, und das Niveau lag unter dem der Bürgerschule. Wien wurde dennoch zum Mekka der Schulreformer. Die stramm marxistisch-antiklerikale Haltung Glöckels forderte jedoch den Widerspruch der Christlichsozialen heraus. Engelbrecht bezeichnete das als die „ideologische Wende“in der Schulpolitik.
Und jetzt nochmal: Ideologie
Fortan ging es weniger um in Schulversuchen erprobte tatsächliche Verbesserungen, sondern um ideologische Standpunkte. Die Sozialdemokraten hatten immerhin ein einheitliches Ziel, die Christlichsozialen waren uneinig, die Industriellen neigten eher der Vereinheitlichung zu. Auch das kommt einem bekannt vor.
Die Schulgesetze 1962 brachten die zweizügige Hauptschule, die Realschule wurde abgeschafft. Fortan gab es drei Typen der allgemeinbildenden höheren Schulen sowie berufsbildende höhere Schulen. In den pädagogischen Akademien sollte nach dem Wunsch der SPÖ eine gemeinsame Lehrerbildung erfolgen.
In den 70er-Jahren gab es wieder Gesamtschulversuche. Aus der integrierten Gesamtschule wurde die Hauptschule mit den drei Leistungsgruppen in Deutsch, Englisch und Mathematik. Die Langform des Gymnasiums blieb erhalten.
Die ab 2012 eingeführte Neue Mittelschule gleicht dem über hundert Jahre alten Konzept Glöckels fast auf Punkt und Beistrich. Engelbrecht zeigte auf, dass es wieder um Ideologie geht. Er scheute sich nicht, an der gegenwärtigen Schulpolitik Kritik zu üben, und rief in seinem Ausblick zu mehr Sachlichkeit und faktenbasierter Politik auf. Helmut Engelbrecht, „Unendlicher Streit durch die Jahrhunderte – Vereinheitlichung oder Differenzierung in der Organisation österreichischer Schulen“, new academic press, Wien 2014. ISBN 978-3-7003-1909-2, € 19,90