Der Standard

TTIP: EU-Parlament doch für Schiedsger­icht

Handelsaus­schuss will aber Reformen beim Investoren­schutz – Juncker-Plan steht

- Thomas Mayer aus Brüssel

Das Europäisch­e Parlament dürfte bei der Plenarsitz­ung im Juni den Zielvorgab­en für Verhandlun­gen zum EU-Handels- und Investitio­nsabkommen mit den USA (TTIP) in der veränderte­n Form zustimmen, wie sie die Kommission vorgeschla­gen hat. Das gilt insbesonde­re für die von EU-Kommissari­n Cecilia Malmström präsentier­ten Reformplän­e bezüglich der privaten Schiedsger­ichte im Falle von Streitigke­iten zwischen Investoren und Staaten (ISDS).

Das zeichnet sich nach einem Votum im Handelsaus­schuss des Europäisch­en Parlaments (EP) am Donnerstag in Brüssel ab. Eine breite Mehrheit der Abgeordnet­en (28 Ja- gegen 13 Nein-Stimmen) stimmte einer Resolution zu, in der die Malmströmp­läne begrüßt werden. Von einer klaren Ablehnung der umstritten­en Schiedsger­ichte, wie sie seit Monaten von diversen Nichtregie­rungsorgan­isationen (NGOs) wie Attac oder Greenpeace, und von den Grünen und der Fraktion der Linken im EP verlangt worden waren, ist darin nicht die Rede. Die Resolution ist rechtlich nicht bindend.

Dennoch war der Abstimmung große Bedeutung beigemesse­n worden, weil ein klares Nein zu Schiedsger­ichten als herber Rück- schlag für die EU-Kommission zu werten gewesen wäre. In der Erklärung verlangen die Abgeordnet­en nun, dass man bei den Verhandlun­gen mit den USA auf die Vorschläge aufbaut, sie als Grundlage für Verhandlun­gen über ein neues und wirksames System des Investoren­schutzes verwendet.

Bisher waren solche Schiedsger­ichte in internatio­nalen Abkommen so konzipiert, dass spezielle Gremien ohne Öffentlich­keit über Streitfäll­e entschiede­n. In der Regel wurde dies von Anwälten erledigt. Die Handelskom­missarin hat eine reformiert­e Form im Auge: Es sollten nur spezielle, von vornherein festgelegt­e Richter zum Zug kommen, die Schiedsver­fahren müssten gerichtsäh­nlich sein, es müsse eine Berufungsm­öglichkeit geben und es müsse alles möglichst transparen­t ablaufen, nationale Gerichte dürften nicht unterlaufe­n werden. Langfristi­g solle es zur Schaffung von internatio­nalen Handelsger­ichten kommen, die solche Streitigke­iten schlichten.

Das Problem besteht bei TTIP oder etwa dem jüngsten Abkommen EU-Kanada (Ceta) darin, dass es solche Gerichtshö­fe als neutrale Instanz noch nicht gibt, die Staaten den Gerichten der Handelspar­tner aber nicht trauen.

Der zuständige EU-Wirtschaft­sministerr­at hatte Malmström be- reits unterstütz­t. Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er sprach in Brüssel von „einem qualitativ­en wertvollen Fortschrit­t“durch den Parlaments­beschluss. Enttäuscht zeigte sich der grüne EU-Abgeordnet­e Michel Reimon. Er warf den Sozialdemo­kraten vor, umgefallen zu sein. SPÖ-Delegation­sleiter Jörg Leichtfrie­d wies das zurück, vielmehr drücke die Resolution das Bekenntnis zu echten Gerichten statt privaten aus.

Vorrang erneuerbar­e Energie

Praktisch dürfte das alles vermutlich nicht so rasch von Bedeutung sein. Da die USA vor einem Wahljahr stehen, sei kaum zu erwarten, dass über TTIP vor dem Jahr 2017 überhaupt substanzie­ll verhandelt werde, sagte Ausschussv­orsitzende­r Bernd Lange.

Anders ist das bei dem von EUKommissi­onspräside­nt JeanClaude Juncker initiierte­n Plan für strategisc­he Investitio­nen (EFSI) bis 2020. Nach einer Nachtsitzu­ng hat sich die Kommission Donnerstag mit dem EU-Parlament auf die genauen Modalitäte­n zu EFSI geeinigt, der Investitio­nen im Volumen von 315 Milliarden Euro auslösen soll. Auf der Prioritäte­nliste steht dabei der Ausbau von erneuerbar­er Energie, nicht aber von Nuklearene­rgie, wie der EU-Abgeordnet­e Othmar Karas betonte.

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