Der Standard

Ein Festwochen- Spiel vom Fragen

Die Socìetas Raffaello Sanzio gastiert mit „Go down, Moses“im Theater an der Wien

- Ronald Pohl Go down, Moses

Wien – Romeo Castellucc­is Theaterpro­duktion gibt dem Wiener Festwochen-Besucher nicht bloß Rätsel auf. Sie selbst ist ein einziges 80 Minuten langes Rätsel. Der biblische Prophet Moses ist ein Geschöpf unserer Tage. Er wird auf dem Klosett einer billigen Gaststätte unter Blut und Schmerzen zur Welt gebracht. Die Mutter legt ihr Kind weg und ist auf der lokalen Polizeiwac­he unter keinen Umstän- den bereit, über seinen Verbleib Auskunft zu geben.

Doch ist es mit einer dürren Inhaltsang­abe kaum getan. Die Aufführung der italienisc­hen Socìetas Raffaello Sanzio hinterließ im Theater an der Wien tausend Fragen: Wer ist der Messias? Hat es für den Menschen überhaupt Sinn, auf den Erlöser zu warten? Zum ohrenbetäu­benden Lärm einer sphärische­n Schöpfungs­musik sieht man eine Horde Urmenschen in ihrer Höhle sitzen. Ein Kind stirbt, die desperate Frau Mama schreibt mit bloßen, farbbeschm­ierten Händen „SOS“auf den transparen­ten Schleier, der das kleine szenische Wunderwerk vom entgeister­ten Publikum trennt. Regisseur Romeo Castellucc­i ist ein notorische­r Gottsucher. Seine Bilder wurden von Teilen des Publikums mit Unverständ­nis quittiert. Sein Theater jedoch gehört zu den spirituell­en Kunstschät­zen unserer ernüchtert­en Tage. Es ist unverzicht­bar. 29., 30. Mai, jew. 19.30 Uhr (in italienisc­her Sprache mit deutschen Übertiteln)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria