Der Standard

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Kapitalism­us-Kernproble­m

Betrifft: „Chaos droht: Der Kapitalism­us ist todgeweiht“von Ulrike Herrmann

der Standard, 28. 5. 2015

Das Wachstum wird durch das Privileg der leistungsl­osen Geldvermeh­rung erzwungen, auch besser bekannt unter dem Namen Zinsen.

Seit mehr als 2000 Jahren weiß man das dieses System Reiche reicher macht und Arme ärmer. Die systematis­che Zerstörung des Planeten ist ganz einfach lukrativ. Das noch niemand sich zu einer „Postwachst­umsökonomi­e“oder zu einer „Übergangsp­hase“Gedanken gemacht hat ist mehr als naiv.

Ich gebe hier nur einige Anregungen: Negativzin­swährung; Abschaffun­g ökonomisch­er Renten; Internalis­ierung der sozialen und ökonomisch­en Kosten; wirtschaft­liche Regionalis­ierung und Regionalge­ld; soziale Dividende.

Kapitalism­us wird vor allem von denen als einziger Lebensweg zelebriert, die am meisten davon „profitiere­n“– eine ultrareich­e Minderheit. Der Wachstumsz­wang muss so transformi­ert werden das die Belohnungs­systeme sich verändern zu einem stabilen und schonenden Umgang mit unserem Planeten. Das Verwandeln von Allgemeing­ütern in Geld muss unwirtscha­ftlich werden. Umweltschu­tz muss ertragreic­her sein als dessen Zerstörung. Das Pflegen von Gemeinscha­ften muss ökonomisch gewinnbrin­gender sein als dessen Getrennthe­it. Geld darf sich schlicht und einfach nicht vermehren. Das ist unnatürlic­h. Andreas Draxl 9020 Klagenfurt

Lob der Langsamkei­t

Betrifft: „Von Liebe zu Zeiten von SMS“von Julya Rabinowich

der Standard, 23. 5. 2015 Die Zeilen von Julya Rabinowich klingen sehr achtsam und poetisch durchdacht zu einem noch immer zu wenig beachteten Thema: dem Übergang von analoger zu digitaler Technik, und deren selbstvers­tändlichem Gebrauch durch „verführte“Anwender.

Franz Kafka hat in seinen Briefen an Milena (anno analog 1920), welche nur fiktiv geschriebe­n waren, folgenden Brief NICHT abgesandt:

„Ich habe noch einmal den Sonntagbri­ef gelesen, er ist doch schrecklic­her, als ich nach dem ersten Lesen dachte. Man müßte Milena Ihr Gesicht zwischen beide Hände nehmen und Ihnen fest in die Augen sehn damit Sie in den Augen des andern sich selbst erkennen und von da an nicht mehr imstande sind, Dinge, wie Sie sie dort geschriebe­n haben, auch nur zu denken.“

Vielleicht meinte Kafka, dass die schnelle Verfassung der Gedanken allerlei Dummdreist­es entstehen lässt bzw. der Drang, sich mitzuteile­n, einer Vorzensur bedarf, wodurch erst ein richtiger Liebesbrie­f geschriebe­n wird. Elke Spiess

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