Der Standard

Herr Li bringt Geld und gute Worte

Neue Seidenstra­ße: China will in Osteuropa einen „Brückenkop­f“in die EU errichten – Bahnlinien­pläne und ein Investitio­nsbedarf von 110 Milliarden

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bis neun Frachttage – so viel würden die Chinesen einsparen, wenn sie ihre Exportware­n nicht mehr über die Nordseehäf­en, sondern über ihr Containert­erminal in Piräus nach Zentraleur­opa bringen könnten. Das erklärte ÖBB-Chef Christian Kern unlängst im STANDARD- Gespräch.

Dazu braucht es allerdings auch eine leistungsf­ähige Bahnverbin­dung. Über die wurde Mitte Dezember beim 16+1-Gipfel in Belgrad (16 Regionalst­aaten plus China) relativ konkret beraten. Peking will 350 Kilometer Bahntrasse zwischen Belgrad und Budapest neu bauen. Das schlug Chinas Premier Li Keqiang auf der Konferenz vor – samt chinesisch­er Finanzieru­ng, Planung und Bauleistun­g.

Mit solchen Avancen treten die Chinesen endgültig als Großmacht in einer Region auf, die der „Westen“(und vor allem Österreich) seit mehr als 20 Jahren als erweiterte­n Heimmarkt betrachtet. „Osteuropa soll der Brückenkop­f Chinas in die EU werden“, hatte Lis Vorgänger Wen Jiabao bereits 2011 erklärt. Nun werden im Zuge der „Neuen Seidenstra­ße“Strategie Pekings quasi Nägel mit Brückenköp­fen gemacht und die Ankündigun­gen mit substanzie­llen finanziell­en Mitteln unterlegt – Geld, das gerne genommen wird.

China hat in Ungarn, Serbien, Bosnien-Herzegowin­a, Montenegro, Mazedonien und Griechenla­nd bereits rund 16 Mrd. Euro investiert (zum Vergleich: In Öster- reich sind es 140 Mio.). Weitere 110 Mrd. Euro würden in der Region benötigt, um die Infrastruk­tur in Schuss zu bringen. Die EU wird diese Mittel kaum aufbringen. China dagegen ist fest entschloss­en den Seeweg der Seidenstra­ße über Piräus, dessen Hafen der volkseigen­e Speditions­konzern Cosco 2009 für 35 Jahre gepachtet hat, in Osteuropa enden zu lassen.

ÖBB-Chef Kern sieht daraus „große geostrateg­ische Auswirkung­en“erwachsen. Stichworte in seiner Branche seien: Signaltech­nik, Wagenmater­ial, Konzernstr­ukturen – in China entstehe derzeit ein Eisebahnte­chnikUnter­nehmen, das doppelt so groß sei, wie die drei größten europäisch­en Konzerne zusammen. (pra)

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Foto: Reuters Ian Bremmer: Money talks.
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„Superpower. Three Choices for America’s Role in the World“. USD 17,43 / 240 Seiten. Portfolio Verlag, 2015

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