Der Standard

Gipfeltref­fen in der Alpenfestu­ng

Nächstes Wochenende tagen die Chefs der G-7-Staaten auf Schloss Elmau. 19.000 Polizisten werden im Einsatz sein. Doch viele Bewohner in der bayerisch-österreich­ischen Grenzregio­n haben Angst vor gewaltbere­iten Demonstran­ten.

- Birgit Baumann aus Krün

Listig lugt der Karl unter seinem Kapperl hervor und grinst: „Güpfi? Jo wöchanen moanan Se jetzt? Mir hom do vühle scheene Güpfi.“Dann zählt er auf: die Dreitorspi­tzen, Arnspitzen, der Hochwanner – alle mehr als 2000 Meter hoch, zum Teil noch schneebede­ckt, ein Panorama wie im Prospekt.

„Nur an Güpfi homma, den braucht ka Mensch!“, sagt er und schaut jetzt nicht ganz so strahlend drein wie die oberbayeri­sche Gebirgswel­t. Es ist der G-7-Gipfel, der am 7. und 8. Juni auf Schloss Elmau in der Gemeinde Krün, unweit der bayerisch-österreich­ischen Grenze, stattfinde­n wird. Die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel ist als Vorsitzend­e der G-7-Gruppe Gastgeberi­n, sie hat die Staats- und Regierungs­chefs der wichtigste­n sechs Industries­taaten eingeladen.

Am Sonntag werden die Herrschaft­en mit Hubschraub­ern, aus München kommend, einschwebe­n, um über die Weltwirtsc­haft, Flüchtling­sströme, Terrorismu­sbekämpfun­g und Ebola zu sprechen. Karl wird in seinem Wohnzimmer in Krün sitzen und sie vielleicht mal kurz im Fernsehen erblicken. Das reicht ihm auch. Denn, dass hoher Besuch kommt, merkt er schon seit einem Jahr. „Wir können es nicht mehr hören, immer nur Gipfel, Gipfel, Gipfel“, raunzt er. „Das ist doch ein Wahnsinn. Was das kostet!“Und, der Pensionswi­rt gibt es auch offen zu: „Ich hab ein bisserl Angst.“

Natürlich nicht vor US-Präsident Barack Obama oder Frankreich­s Staatspräs­ident François Hollande – aber vor „dem schwarzen Block“. Weil so ein Gipfel hat ja oft auch eine bisweilen recht schrille Begleitmus­ik. Ein großes Bündnis von Gegnern will in München und im nahen Garmisch-Partenkirc­hen demonstrie­ren. Zudem ist aus jenen kleinen Gemeinden, die das Schloss Elmau umgeben, ein Sternmarsc­h zum noblen Domizil geplant.

Da wird auch in Krün was los sein. Gegen die angemeldet­en Demonstrat­ionen hat Karl ja auch gar nichts. Doch der Mittfünfzi­ger erinnert sich mit Schaudern an die Eröffnung der neuen EZBZentral­e in Frankfurt am 18. März. Bei den Protesten von „Blockupy“hatte es massive Ausschreit­ungen gegeben. Autos brannten, Steine folgen auf Polizisten. 2007, als Merkel – damals noch die G-8Gruppe mit Russland – ins Ostseebad Heiligenda­mm geladen hatte, da war es Rostock auch zu Straßensch­lachten gekommen.

So was braucht Karl vor seiner schmucken Pension mit der schönen Lüftlmaler­ei nicht. Also hat er was ganz Schlaues gemacht: „Als die von der Gemeinde fragten, wer Polizisten aufnehmen will, hab ich mich gleich gemeldet.“Jetzt ist sein Haus voller Polizei. „Da wird hoffentlic­h nix passieren“, sagt er.

19.000 Polizisten im Einsatz

REPORTAGE:

Die Polizei, das ist natürlich ein ganz eigenes Thema. Ein gigantisch­es Heer an Uniformier­ten ist bereits im Tal, jeden Tag werden es mehr. 19.000 sind schließlic­h im Einsatz. Der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) ist ein paar Mal nach extra nach Krün gekommen, um die Bevölkerun­g zu beruhigen.

Doch auch er gibt zu, dass die Topografie Bayerns die Sicherheit­skräfte vor größere Herausford­erungen stellt als 2007 die Polizei an der Ostseeküst­e: „Dort gab es durch das platte Land zwar eine leichte Aufmarschf­läche für Demonstran­ten, es war aber anderersei­ts auch leicht überschaub­ar. In Elmau ist es anders: Unwegsames Gelände, gebirgig, dicht bewaldet und unübersich­tlich.“

„Niedrige Einschreit­schwelle“

Aber grundsätzl­ich, so Herrmann habe vor allem die bayerische Polizei alles im Griff. Einsatzlei­ter Robert Heimberger versichert im Focus ebenfalls: „Gegen gewaltbere­ite Personen werden wir konsequent und mit niedriger Einschreit­schwelle vorgehen.“

Auch Melanie Fuchs beruhigt täglich besorgte Anwohner. Sie arbeitet im Bürgerbüro der Polizei, das vor einigen Wochen in Krün eingericht­et wurde. „Die Leute wollen vor allem zweierlei wissen“, sagt sie. „Wann sind welche Straßen gesperrt, und wer kommt für eventuelle Schäden auf.“

Fuchs erklärt dann geduldig, dass der Freistaat Bayern zahlen wird – und dass sich Anwohner grundsätzl­ich frei bewegen werden können. Aber dass es Ausnahmen geben wird. Weil man ja nicht alles planen könne.

Unwägbarke­iten und Entschei- dungen, die in letzter Minute wieder umgestoßen werden, beschäftig­en auch das Personal im Schloss Elmau. Es liegt ein wenig außerhalb von Krün, auf einer Anhöhe. Das Wetterstei­ngebirge dahinter ragt wie eine Kulisse in die Höhe, man kann nicht sagen, dass das kein imposanter Anblick ist.

Im gediegenen Inneren mit all den Spas und Suiten, Kaminstube­n, Lounges und Pools, den dicken Teppichen und der dezenten Klaviermus­ik empfängt Managerin Naomi Jödicke: „Wir empfinden es als große Auszeichnu­ng, dass dieses Treffen bei uns stattfinde­t. Um so etwas bewirbt man sich nicht. Man wird auserkoren.“

Acht gleich große Suiten

Merkel war vor Jahren einmal privat im Schlosshot­el auf Urlaub. Es hat ihr dort so gut gefallen, dass sie jetzt mit größerem Gefolge wiederkomm­t. Platz genug gibt es. „Wir sind weltweit das einzige Luxushotel, das acht gleich große Suiten hat“, sagt Jödicke. Da hätte sogar Wladimir Putin noch Platz.

Doch wer wo schlafen wird, ist noch offen. Obama kann sich also in letzter Minute entscheide­n, ob er lieber im Haupthaus oder im Nebengebäu­de nächtigen will. Alle Wünsche sind hier Befehl.

Die Rechnung begleicht anschließe­nd die Bundesregi­erung. Insgesamt lassen sie und die bayerische Landesregi­erung sich den Gipfel 130 Millionen Euro kosten. Da ist auch der 16 Kilometer lange und drei Meter hohe Sicherheit­szaun drin, der das Schloss seit neuestem umgibt – und die Hubschraub­erlandeplä­tze, die ins Naturschut­zgebiet, wo die Steinadler brüten, betoniert wurden.

Und auch die schönen neuen Bänke und Wartehäusc­hen am Bahnhof im Ortsteil Klais. In dem gibt es am einzigen Schalter noch braun-geblümte Vorhänge aus den Siebzigerj­ahren und einen eher betagten Stationsvo­rsteher, der auch Kaffee und Zeitungen verkauft. Man mag sich gar nicht vorstellen, dass an diesem Zwergenbah­nhof aus dem bayerische­n Bilderbuch vermummte Demonstran­ten ankommen.

Apropos Demonstran­ten. 1800 haben sich schon für das Protestcam­p auf einer Wiese bei Garmisch angemeldet. Doch die Behörden haben es – wegen Hochwasser­gefahr – nicht genehmigt. Die Organisato­ren klagen sich nun durch die Instanzen und suchen zugleich nach Ausweichpl­ätzen.

Aber das ist nicht so einfach, da von unzähligen Politikern der Appell an die Landwirte der Region ergangen ist, den Gegnern des Gipfels keine Flächen für ihre Zelte zur Verfügung zu stellen.

 ??  ?? Tagungsort ist das einhundert Jahre alte Schloss Elmau in Bayern. Bei einem Großbrand im Jahr 2005 wurden große Teile zerstört, danach jedoch wieder originalge­treu aufgebaut.
Tagungsort ist das einhundert Jahre alte Schloss Elmau in Bayern. Bei einem Großbrand im Jahr 2005 wurden große Teile zerstört, danach jedoch wieder originalge­treu aufgebaut.
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