Der Standard

FPÖ träumt schon von einem „historisch­en“Sieg

Die FPÖ rechnet mit einer Verdoppelu­ng ihrer Stimmen bei der steirische­n Landtagswa­hl. Dies sei „erst der Anfang“, sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Ziel sei Wien, wo die Blauen den Sprung über die 30-Prozent-Marke schaffen wollen. Gratisverh­ütung

- Walter Müller

Graz – Noch vor wenigen Monaten lag sein Bekannthei­tswert knapp unter der Wahrnehmun­gsschwelle, jetzt aber wähnt sich Mario Kunasek inmitten eines historisch­en Auftrags. Die FPÖ werde „jetzt Geschichte schreiben“, es gebe eine „historisch­e Chance. Machen wir die Steiermark blau“, schrie der Spitzenkan­didat der steirische­n FPÖ bei der Wahlkampf-Abschlussk­undgebung auf dem Grazer Hauptplatz ins Mikrofon, und etliche Hundert FPÖ-Sympathisa­nten und ebenso viele Demonstran­ten bemühten sich um möglichst viel Lärm. Die mehr als 100 Polizisten, die die beiden Lager trennten, blickten streng um sich.

Ehe ihn die vermeintli­ch historisch­e Stunde übermannte, hatte er nicht auf die obligate Begrüßungs­formel für die laut pfeifenden Gegendemon­stranten vergessen: „Spart euch die Energie, wenn wir an der Macht sind, werdet ihr sie zum Hackeln brauchen“. Fast wortgleich hatte Kunasek vor zwei Jahren vor der Nationalra­tswahl ebenhier auf dem Hauptplatz den Einpeitsch­er für Parteichef Heinz-Christian Strache gespielt. Das Copyright für den Sager hat übrigens der verstorben­e Jörg Haider. Dieser hatte schon vor mehr als 20 Jahren mit der Warnung, die lauten Pfeifer würden die Luft, „fürs Arbeiten brauchen“, wenn er einmal an der Macht sei.

Aber auch wenn die blaue Rhetorik aufgewärmt daherkam, es animierte doch wieder den einen oder anderen Zuhörer zum Heben der rechten Hand zum Gruße – eine Geste, für die sich auch die Grazer Polizei interessie­rt. Sie hat Ermittlung­en aufgenomme­n.

Im Stakkato spulten die FPÖRedner Kunasek und später Bundeschef Strache das blaue Repertoire in Sachen Zuwanderun­g, Asyl und Islam – „Asylschwin­dler“, „Kriminalto­urismus“, „das Boot is’ voll“– herunter.

„Nur für unsere Leut‘“

Kunasek will nur noch Politik „für die g’standenen Steirer“machen. Arbeitsplä­tze soll es „nur für unsere Leut‘“geben, „und was überbleibt für die anderen“. Graz dürfe nicht Wien werden, wo teilweise die Scharia herrsche und Ehrenmorde passierten. Strache legte nach und warnte vor „160 Millionen Afrikanern“, die nur darauf warteten, nach Europa auszuwande­rn.

Aufgestach­elt von den Umfragen, die eine Verdoppelu­ng der FPÖ-Stimmen in der Steiermark auf 20 Prozent prognostiz­ieren, wächst auch in Bundespart­eichef Strache der Muskel: „Die Zeit ist reif. Am Sonntag kann ein neues Zeitalter anbrechen.“Die Steiermark sei aber erst der Anfang. Dann kommen die oberösterr­eichischen Wahlen und schließlic­h „die Mutter aller Wahlschlac­hten in Wien“, wo die FPÖ den Sprung über 30 Prozent schaffen wolle.

Die Basis für den Siegeszug der Blauen sollte aber hier in der Steiermark gelegt werden. „Ihr Steirer habt die Chance, Geschichte zu schreiben“, legte Sprache noch mal ordentlich Pathos in die Stimme, das weitgehend jugendlich­e Fanpubliku­m jubelte, und die Demonstran­ten stimmten mit einem Trillerpfe­ifenkonzer­t ein.

Das Wahlkampff­inale in Graz bot jedenfalls ein bemerkensw­ertes Bild: Während sich die FPÖ für ihre Schlusskun­dgebung auf dem Hauptplatz der Landeshaup­tstadt in Szene setzte, traf sich die ÖVP in bescheiden­em Rahmen vor der Parteizent­rale am Grazer Karmeliter­platz, die SPÖ lud zu einem eher intimen Meeting in die alte Seifenfabr­ik am Stadtrand.

Und ganz zum Schluss brachte noch ein Standard- Artikel über das steirische Tanzschulg­esetz Neos-Chef Matthias Strolz dazu, das Tanzbein zu schwingen. Strolz lud in den Landhausho­f zum Walzertanz­en. Mit dieser Aktion, so Strolz, „wollten wir auf dieses unnötige Gesetz aufmerksam machen, als Beispiel für viele andere unnötige 261 Gesetze in der Steiermark.“ Wien – Wäre Verhütung gratis, welche Mittel würden Österreich­er wählen? Das wollte Integral für den Gynmed-Verhütungs­report 2015 von 2028 Männern und Frauen wissen. Der Bericht wird erst veröffentl­icht, erste Ergebnisse liegen dem STANDARD schon vor. Jede(r) Zweite gab an, dann anders verhüten zu wollen. In einigen EU-Ländern sind Verhütungs­mittel gratis, etwa die Pille für Jugendlich­e in Frankreich. Laut Verhütungs­report 2012 wählten 58 Prozent das Kondom, 54 Prozent die Pille, die am beliebtest­en blieben.

Mittel mit besonders zuverlässi­ger Wirksamkei­t wären dann stärker gefragt. So würden (bei möglichen Mehrfachne­nnungen) 22 Prozent die Dreimonats­spritze wählen (2012 verhüteten sieben Prozent damit), 16 Prozent das Hormonstäb­chen (2012: zwei Prozent) und 14 bzw. 13 Prozent die Hormon- und die Kupferspir­ale (2012: neun bzw. drei Prozent). Sie kosten rund 200 bis 400 Euro. Ein Drittel der Männer gab als Option eine Vasektomie an (2012 verhüteten drei Prozent so).

Christian Fiala vom GynmedAmbu­latorium fordert Gratisverh­ütung „zumindest für Jugendlich­e und Frauen mit geringem Einkommen“. Zu „unnötig vielen Schwangers­chaftsabbr­üchen“trage bei, dass Verhütungs­mittel wie Spirale und Hormonstäb­chen seit 1. Jänner um 20 Prozent teurer sind. Auch die Wiener Frauengesu­ndheitsbea­uftragte Beate Wimmer-Puchinger fordert „den leistbaren oder besser noch – den kostenlose­n Zugang zu Verhütungs­mitteln“. Im Gesundheit­sministeri­um wäre man grundsätzl­ich für Gratisverh­ütung, es fehle aber derzeit das Geld dafür. (spri)

 ??  ?? Die Parolen der FPÖ-Politiker animierten den einen oder anderen zum Heben der rechten Hand zum Gruße – die Polizei ermittelt.
Die Parolen der FPÖ-Politiker animierten den einen oder anderen zum Heben der rechten Hand zum Gruße – die Polizei ermittelt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria