Wegen Milchpreisverfalls Mindestpreis gefordert
Weniger Anlieferung seit Quotenende
Wien – Kurz vor dem Weltmilchtag am 1. Juni ist die Welt der Milchbauern und Molkereien in Österreich nicht in Ordnung. Seit den am 1. April abgeschafften Quotenvorgaben der EU wurde die Milchanlieferung nicht wie erwartet ausgeweitet, sondern ging zurück. Und zwar um immerhin drei bis vier Prozent.
Ausschlaggebend dafür ist der derzeit niedrige Milchpreis, den die Molkereien zahlen und der in Erwartung ausgeweiteter Produktionen unter Druck gerät. Denn es ist bekannt, dass wegen Quotenende und Marktliberalisierung viele Bauern eine Produktionsaufstockung planten und hohe Investitionen getätigt haben.
Verfüttern, exportieren
Der Auszahlungspreis der Molkereien ist auf zuletzt 39,16 Cent je Kilo (inklusive MWSt) gesunken, so Helmut Petschar, Präsident des Verbandes der Österreichischen Milchverarbeiter (VÖM) kürzlich bei einer Pressekonferenz.
Viele Bauern verfüttern da die Milch lieber an die Kälber. Oder sie exportieren. In beiden Fällen scheint diese Milch nicht in den österreichischen Statistiken auf. Wolfgang Pirklhuber, Agrarsprecher der Grünen und Oberösterreicher, schätzt, dass in seinem Bundesland zehn Prozent der Milch an Molkereien im nahen Bayern gehen. „Die zahlen ein paar Cent mehr“, sagt er. „Die Berchtesgadener Molkerei hat den besten Milchpreis.“
In Erwartung, dass der Preis niedrig bleibt, fordert Pirklhuber einen Mindestpreis für eine fixe Milch- menge je Betrieb. Bis zu 65.000 Liter je Hof sollte ein festgelegter Preis garantiert werden und nur darüber Marktpreise gezahlt werden. Es wäre dies eine Art Branchenvereinbarung, meint Pirklhuber, der einen Entschließungsantrag im Parlament eingebracht hat.
Denn mit der Liberalisierung der EU-Märkte steht die verhältnismäßig kleinteilige heimische Milchwirtschaft in direkter Konkurrenz zu industriellen Milcherzeugerbetrieben.
Auch diese setzen angesichts des Quotenstopps auf Produktionsausweitung. Vielfach wird befürchtet, dass angesichts der industriellen Macht der Milchwirtschaft in der EU die heimischen bäuerlichen Betriebe unter die Räder kommen könnten.
Denn knapp 80 Prozent der Milch aus Österreich stammt aus so genannten benachteiligten Regionen, etwa aus Berglagen. Fast die Hälfte wird exportiert. Im Vorjahr waren dies mehr drei Milliarden Tonnen, die in den Export gingen.
Die Entwicklung hin zu industrieller Großproduktion ist Tierschützern ein Dorn im Auge. Anlässlich des Weltmilchtags warnen Vier Pfoten. Die romantische Vorstellung von weidenden Kühen habe mit der heutigen Milchproduktion wenig bis nichts zu tun. Die Milchprodukte stammten zum größten Teil von Kühen, die auf Extremleistung gezüchtet wurden und in ihrem ganzen Leben kein einziges Mal auf einer Weide stehen dürfen. Laut Vier Pfoten gab 2014 eine österreichische Milchkuh 6500 kg Milch – in Deutschland soll es Kühe mit einer jährlichen Milchleistung von bis zu 12.000 kg geben.