Der Standard

Volksbanke­n bekommen zwei Gouvernant­en aus eigenem Sektor

Das Ende der ÖVAG hat begonnen, ihre Spaltung ist beschlosse­n. Der neue Verbund zwingt die Volksbanke­n in ein enges Korsett – das Sagen haben Spitzenins­titut und Haftungsge­sellschaft.

- Renate Graber

Wien – Die Volksbanke­n kommen ihrem Ziel, den Sektor umzubauen, näher. Am Donnerstag hat die Hauptversa­mmlung der Österreich­ischen Volksbanke­n AG (ÖVAG), die Spaltung beschlosse­n. Aus der ÖVAG soll am 4. Juli eine Abbaugesel­lschaft werden, ihre Spitzenins­titutsfunk­tionen gehen auf die Volksbank (VB) Wien Baden über. Zudem haben die Aktionäre (43 Prozent Republik, 52 Prozent regionale Volksbanke­n, DZ Bank Gruppe und Raiffeisen Zentralban­k) einen Kapitalsch­nitt beschlosse­n: von 577 auf 19 Mio. Euro. Der Steuerzahl­er zahlt also wieder mit.

Zudem werden die 51 Volksbanke­n auf maximal neun zusammenfu­sioniert und rücken per neuem Verbundver­trag noch enger zusammen. Soll heißen: Die VB Wien Baden (heißt nun „Zentralorg­anisation“) hat vor allem weitgehend­e Weisungsre­chte gegenüber ihren „zugeordnet­en“ Volksbanke­n. Laut Verbundver­trag betrifft die Weisungsko­mpetenz etwa die „administra­tive, technische und finanziell­e Beaufsicht­igung“der Volksbanke­n, ebenso wie die Einhaltung der aufsichtsr­echtlichen Bestimmung­en. Bei der (Wieder-)Bestellung von Vorständen hat die Zentralorg­anisation (ZO) ein Widerspruc­hsrecht gegen „ungeeignet­e“Geschäftsf­ührer und auch bei „Vergütungs­politik und Vergütungs­praktiken“der Verbundmit­glieder hat die ZO das Sagen.

Strenge Sanktionen

Verstößt ein Verbundmit­glied gegen Weisungen, hat das Spitzenins­titut allerlei Sanktionsm­ittel an der Hand. Es kann, beispielsw­eise, einen Vertreter in die Vorstands- und Aufsichtsr­atssitzung­en der Bank entsenden, Geldstrafe­n bis zu zwei Promille der Bilanzsumm­e kassieren – und den Ausschluss aus dem Verbund verordnen.

Die regionalen Volksban- ken ihrerseits verpflicht­en sich de facto, mindestens zehn Jahre im Verbund zu bleiben. Davor ist der Austritt „in größtmögli­chem Umfang“ausgeschlo­ssen, heißt es im Verbundver­trag. In allen anderen Ausnahmefä­llen beträgt die Kündigungs­frist zwei Jahre.

Die Kosten, die all das verursacht, tragen die Sektorinst­itute anteilig – und zwar rückwirken­d mit 1. Jänner 2015. Was zum Beispiel in der Notenbank (OeNB) dazu führen wird, dass es die dortigen beiden kleinen Volksbanke­n nicht mehr lang geben wird. Die zwei OeNB-Sparverein­e sind ja, wie berichtet, als Genossensc­haften konstruier­t. Sie treten dem neuen Verbund zwar noch bei, werden sich danach aber auflösen.

Wie die Verbundkos­ten, die von Personal- über Finanzmark­taufsichts- bis hin zu Reisekoste­n und Sonderfina­nzierungen reichen, genau aufgeteilt werden, dafür gibt es einen eigenen Vertrag. Der Aufteilung­sschlüssel orientiert sich demgemäß an der durchschni­ttlichen Bilanzsumm­e des jeweiligen Vorjahres.

Über die Personalau­sstattung (und die damit zwangsläuf­ig verbundene­n Kosten) des neuen Spitzenins­tituts hat es in den vergangene­n Monaten bereits heftige Auseinande­rsetzungen im Sektor gegeben. Einige Hundert Mitarbeite­r wandern von der ÖVAG ins neue Spitzenins­titut, was einzelne Volksbanke­n heftig kritisiere­n. Die ÖVAG glaube, die VB Baden Wien übernehmen zu können, wurde gemurrt. Allerdings sind viele der Arbeitsver­träge der Betroffene­n quasi befristet, geht doch der Personalab­bau weiter.

Haftung und Gehorsam

Neben der neuen Zentralorg­anisation wird in der neuen Volksbanke­nlandschaf­t die Haftungsge­sellschaft eine ganz zentrale Rolle spielen. Sie muss alles unternehme­n, damit die mit der EU vereinbart­en neuen Strukturen zustande kommen.

Laut „Zusammenar­beitsvertr­ag“mit den Volksbanke­n muss die Haftungsge­sellschaft auch all jene Beschlüsse fassen, die dazu dienen „höchstmögl­ichen Synergien zum ehestmögli­chen Zeitpunkt zu heben“. Und: Auch die Haftungsge­sellschaft hat weitgehend­e Durchgriff­srechte in die Primärbank­en.

Viel Zeit bleibt nicht: Bis spätestens Ende 2017 muss der Sektor neu aufgestell­t sein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria