Der Standard

Der Krebs und die Alte

Sautners „Die Älteste“erzählt eine Heilungsge­schichte

- Mia Eidlhuber

Vielleicht muss man das Barfußgehe­n in einer Wiese schon wieder für sich entdeckt und schätzen gelernt haben, um dem neuesten Buch von Thomas Sautner etwas abzugewinn­en. Dass der leidenscha­ftliche Waldviertl­er seiner Heimat gerne ein literarisc­hes Denkmal setzt, hat er zuletzt mit seinem Waldvierte­l steinweich (Picus-Verlag) bewiesen. Mit Die Älteste geht seine poetische Land-und-LeuteVerme­ssung weiter. Sautner hat – und Roman ist hier sicher (wie bei vielen anderen Büchern übrigens auch) eine falsche Bezeichnun­g – eine kleine Geschichte über ein großes Thema geschriebe­n. Nämlich was jemand tut, der mit der Diagnose von unheilbare­m Krebs konfrontie­rt ist. Sautners Protagonis­tin heißt Sophie, und sie tut Folgendes: „Hierher zu ihr in den Wald gekommen war ich, weil ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht mehr weiterwuss­te.“Zu ihr, zur Ältesten, heißt zu einer Jenischen, zu einer eigenbrötl­erischen und lebensweis­en Heilerin, die als Einsiedler­in in einem Wohnwagen lebt. So sehr das rationale Leser-Ich zunächst „Vorsicht“rufen will, so selbstvers­tändlich liest sich Sautners Text.

Und wahrschein­lich liegt der Grund darin, dass der Umstand selten genug eintritt, dass eine, nennen wir sie, esoterisch­e Sinnund Heilsuche auf ganz unesoteris­che Art und Weise aufgeschri­eben wird. Es wird eine Geschichte erzählt, und die will man (bei 114 Seiten auch keine ganz große Anstrengun­g) auch bis zum Ende lesen. Dass dieses Ende ein gutes ist, liegt in der Waldviertl­er Dickschädl-Natur der Sache.

Thomas Sautner, „Die Älteste“€ 16,90 / 144 Seiten. Picus-Verlag, Wien, 2015

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