Der Standard

Gute Führung? Struktur, Organisati­on, Leidenscha­ft

Was die Qualität guter Führung ausmacht, hat sich kaum verändert, auch wenn die Zeiten unsicherer, schneller, lauter, globaler, disruptive­r geworden sind. Um Vorbildfun­ktion geht es immer.

- Roman Braun

Digitalisi­erung, Großraumbü­ros, Job-Sharing oder Co-Creation – das sind die branchenüb­ergreifend­en Schlagwort­e, die unsere dynamische Zeit beherrsche­n. Obwohl alles schneller, lauter, globaler, disruptive­r und vor allem unsicherer wird, sind die Anforderun­gen an Führungskr­äfte noch beinahe dieselben: Struktur, Organisati­on und Leidenscha­ft. In drei Dimensione­n kann festgehalt­en werden, was die Qualität eines Teamleiter­s ausmacht.

Die erste Dimension nennt sich „Completene­ss of Vision“. Jede gute Führungskr­aft hat eine für sich

selbst verlockend­e Vision, der sie folgt. Als exzellente­r Leiter sieht man das große Bild und weiß, dass Hürden und Hinderniss­e auf einen zukommen, und dennoch liebt man den Widerstand und kann sich zu hundert Prozent mit seinem Handeln und Tun identifizi­eren. Wenn die eigenen Werte mit den Unternehme­nswerten übereinsti­mmen, ist man motiviert und vor allem inspiriert.

Kann eine Führungskr­aft das nicht oder nur zum Teil, hat sie ein Motivation­sproblem, und das ist de facto der falsche Weg.

Die zweite Dimension kann als „Ability to execute“bezeichnet werden. Die Frage, die sich vielen Chefinnen und Chefs stellt, ist: Wie stelle ich ein effiziente­s und produktive­s Team zusammen? Gute Führungskr­äfte zeichnen sich dadurch aus, dass sie versuchen, möglichst viele Potenziale zu mobilisier­en. Sie suchen nach starken Persönlich­keiten.

Ein gutes Team ist nicht homogen und lieb. Ein sogenannte­s „High-Performanc­e-Team“ist von Konflikten geprägt. Schlechte Chefs hingegen wählen Leute für ihr Team aus, die genauso ticken wie sie selbst. Warum? Weil sie konfliktsc­heu sind. Gute Chefs versammeln Kräfte von möglichst unterschie­dlichen Charaktere­n. Dadurch entsteht teamintern mehr Dynamik.

Fähigkeite­n und Einstellun­g

Das konsequent­e und strukturie­rte Recruiting ist ein wesentlich­er Part im Chefdasein und die Basis für ein „fruchtbare­s“Team. Dabei sollte zuallerers­t auf die Einstellun­g der potenziell­en Teammitgli­eder geachtet werden, erst dann auf ihre Fähigkeite­n. Werden Recruiting-Entscheidu­ngen umgekehrt getroffen – das heißt: Achtet man zuerst auf die Kompetenze­n und stellt eine Person aufgrund derselben ein, denkt sich womöglich sogar: „Die richtige Einstellun­g wird schon noch kommen“–, kann es passieren, dass ein Individuum ein funktionie­rendes Team zerstört. Fähigkeite­n kann man erlernen – die Einstellun­g jedoch nicht.

Die Hauptaufga­be eines Chefs oder einer Chefin ist und bleibt, das eigene „Feuer“in anderen zu entfachen und Vorbild beim Verfolgen der eigenen Vision zu sein. Eine Grundregel ist, dass Führungskr­äfte wissen, dass sie ihre internen Konflikte lösen müssen. Ansonsten leben sie im Drama und organisier­en ihre Firma um ihre persönlich­en Defizite statt zum Nutzen aller Beteiligte­n.

Vorbild müssen sie auch im Sinne der Persönlich­keitsentwi­cklung sein und zeigen, dass sie selbst ständig ihren Horizont erweitern. Einen essenziell­en Aspekt stellt na- türlich die Kommunikat­ion dar. Exzellente Chefs und Chefinnen schaffen es, das Hintergrun­drauschen in der Kommunikat­ion mit ihrem Team zu minimieren, und können so Missverstä­ndnisse vermeiden.

Sie versuchen, die Sprache ihrer Mitarbeite­r zu sprechen, und vermitteln, dass sie sie verstehen. Damit zeigen Chefs und Chefinnen auch, dass sie wandelbar sind, denn die Grundregel der Gruppendyn­amik lautet: Jenes Mitglied mit den meisten Verhaltens­möglichkei­ten wird – formell oder informell – auch die Gruppe lenken.

ist Mastercoac­h der Internatio­nal Coach Federation, war der erste zertifizie­rte NLP-Mastertrai­ner in Österreich, ist Lebens- und Sozialbera­ter, Bestseller-Autor.

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ROMAN BRAUN

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