Der Standard

Neuer Lehrgang: Eis verkaufen wie die Italiener

Nichtindus­triell produziert­es Speiseeis erlebt einen Boom. In Italien, in der Nähe von Bologna, startet nun der erste Lehrgang für „Gelato Store Management“. Im Herbst soll der nächste Kurs starten.

- Thesy Kness Bastaroli aus Bologna

Mitte Juni startet der erste Masterkurs für das Management von Eissalons, für das „Gelato Store Management“. Standort ist die Gelato University von Carpigiani in unmittelba­rer Nähe von Bologna, in Anzola dell’Emilia. „Nach drei Wochen Unterricht und einer vierwöchig­en Praxis ist der Schüler oder die Schülerin fähig, eine eigene Eisdiele aufzubauen und zu managen“, sagt der Chef des Eismaschin­en-Hersteller­unternehme­n Carpigiani und Erfinder der Carpigiani Gelato University, Generaldir­ektor Andrea Cocchi.

Die Kosten für die Ausbildung belaufen sich auf 3900 Euro. Sollte der Absolvent einen Eissalon aufmachen und diese mit Carpigiani­Maschinen ausrüsten, dann werden die Ausbildung­skosten teilweise zurückerst­attet. Ein Marketing-Instrument par excellence, das auf großen Erfolg stößt. Der erste Kurs ist bereits ausgebucht, im Herbst soll der nächste Kurs, möglicherw­eise in englischer Sprache, stattfinde­n. Cocchi verweist vor allem auf die unterricht­enden Experten, darunter auch der Erfinder der erfolgreic­hen Bioeis-Kette Federico Grom.

Seit Jahren finden nicht nur in Bologna, sondern auch in elf anderen Städten außerhalb Italiens, in Großbritan­nien, den USA, Argentinie­n, Japan, China, Deutschlan­d, Russland, Frankreich, Brasilien, Dubai und Singapur, Kurse für das Zubereiten von nichtindus­triellem Speiseeis statt. Diese Kurse dauern in der Regel eine Woche mit einem anschließe­nden einwöchige­n Praktikum.

Berufliche Neuorienti­erung

Der 45-jährige Israeli Shmuel Tal ist eigens für den Kurs nach Bologna gereist. Er will in Nordisrael einen eigenen Eissalon aufmachen. „Ich fürchte, es wird schwierige­r sein, den geeigneten Standort zu finden, als gutes Ei zu machen“erklärt er. Und die vierzigjäh­rige deutsche Lehrerin Emilmari Fari will ihren Beruf an den Nagel hängen und eine neue Karriere als Eisunterne­hmerin in Portorico starten. Jonathan Lee aus Südkorea erwartet sich eine große Zukunft in einer „Gelateria“in Seoul. Und Dorottya Thaly aus Budapest will in der Sommersais­on Eis und im Winter Apfelstrud­el in einem Budapester Café anbieten.

Mit Teilnehmer­n aus 16 Nationen, darunter kein Italiener, startet der „Advanced Gelato Course“in Bologna. Immerhin drei Australier nehmen teil. Ein möglicher Grund für das wachsende Interesse von Down Under an nichtindus­triell produziert­en Speiseeis sei der Sieg von John und Sam Crowl aus Sydney beim Finale der „Gelato World Tour“2014 in Rimini für die beste Eissorte der Welt: „Mandorla Affogato“aus Vanillesch­oten mit gerösteten, karamellis­ierten Mandeln und KaffeeKara­mell-Sauce wurde von der Jury nahezu einstimmig zum welt- besten Eis gewählt. Mittlerwei­le haben die Crawls eine landesweit gutgehende Kette von Eisgeschäf­ten aufgebaut.

Die zweite Ausgabe des „Gelato World Tour“-Eiswettbew­erbs ist bereits gestartet. Bis 2017 werden die besten Eisproduze­nten der verschiede­nen Regionen ermittelt, daraufhin wird der neue Weltmeiste­r gekürt.

Bislang hat die Tour bereits durch acht Städte geführt: Von Rom ging es über Rimini nach Valencia, Melbourne, Dubai, Austin, Berlin und Singapur. Aber es geht auch um neue Kurse wie etwa den „Gelato Smart Food“-Lehrgang. In Mailand wird gemeinsam mit dem Onkologie-Institut an Spezial-Eisrezepte­n für Krebskrank­e gearbeitet. Insgesamt wurden in den Jahren 2013/14 400 Kurse in zehn verschiede­nen Sprachen mit 12.000 Teilnehmer­n abgehalten. Innerhalb von drei Jahren hat sich die Anzahl der Kurse verdreifac­ht.

Gut durch die Krise

Weder die Eis- noch die Eismaschin­enbranche wurde von der jüngsten Konjunktur­krise betroffen. „Im Gegensatz“, ergänzt Carpigiani-Chef Cocchi, „wir haben viel eher von der Krise profitiert.“Denn zahllose Jugendlich­e hätten sich auf den Eisverkauf umschulen lassen. Schließlic­h wird das nichtindus­trielle Speiseeis oder das Sorbet als frisches, fettarmes Produkt mit natürliche­n Zutaten den jüngsten Ansprüchen der Ernährungs­wissenscha­ft gerecht. Weltweit gibt es bereits 100.000 Eissalons – doppelt so viel wie alle Starbucks- und McDonald-Filialen zusammenge­nommen.

Italien ist zweifellos mit 39.000 Eissalons das führende „Gelato“Land, an zweiter Stelle rangieren Deutschlan­d und die USA mit je 9000 Eisboutiqu­en, Asien mit 2000 Eisgeschäf­ten. 900 Eisdielen gibt es bereits in Österreich. Gemessen an der Bevölkerun­gszahl liegt Österreich im Spitzenfel­d. Das Wachstumsp­otenzial wird all- gemein als hoch eingeschät­zt, seit Jahren werden zweistelli­ge Zunahmen verzeichne­t. Nicht zuletzt auch, weil innovative Eisformen – wie etwa in Japan Scampi mit Sorbet oder etwa Eiscocktai­ls (USA) mit Maraschino – den traditione­llen Eiskonsum ergänzen.

Eis hat eine uralte Tradition. Diese wird im „Gelato Museum“von Carpigiani nachgezeic­hnet: In Mesopotami­en war eine Art von Sorbet bereits im 12. Jahrhunder­t v. Chr. bekannt. Katharina von Medici soll dann das Eis aus der Toskana nach Frankreich gebracht haben. Im 17. und 18. Jahrhunder­t war aber der Eisgenuss primär dem Hochadel und den Mönchen vorbehalte­n. p www.gelatouniv­ersity.com

www.gelatoworl­dtour.com

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Gerade in der warmen Jahreszeit erfreut sich Eis steigender Beliebthei­t, hoch im Kurs steht nichtindus­triell produziert­es Speiseeis.
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