Der Standard

Staudammfl­ut bedroht Balkan- Schutzgebi­ete

Insgesamt 113 Wasserkraf­twerke sind laut Riverwatch in Nationalpa­rks geplant

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Wien – Laut einer aktuellen Studie von Riverwatch und Euronatur über Wasserkraf­tprojekte in Schutzgebi­eten sind zwischen Slowenien und Albanien 535 Projekte in strengen Schutzgebi­eten geplant. Davon sollen allein 113 mitten in Nationalpa­rks liegen. Insgesamt wurden 1640 große, mittlere und kleine Wasserkraf­twerke untersucht.

„Damit sind nicht nur die Gebiete an sich bedroht, sondern auch der generelle Wert der Schutzkate­gorie. Welchen Sinn hat die Marke ‚Nationalpa­rk‘, wenn dort selbst Kraftwerke gebaut werden können?“, fragt Ulrich Eichelmann von Riverwatch.

Naturschut­zgebiete sollen die Natur und deren Artenvielf­alt erhalten. Das gilt ganz besonders für Nationalpa­rks, in denen jede wirtschaft­liche Nutzung untersagt ist. Doch das werde auf dem Balkan systematis­ch ignoriert, kritisiert Eichelmann, und zwar sowohl von EU-Mitgliedss­taaten wie Slowenien oder Kroatien, wie auch von EU-Beitrittsk­andidaten wie Albanien. 535 Wasserkraf­tprojekte sind mitten in Nationalpa­rks, Biosphären­parks, Unesco-Weltnature­rbe-Gebieten, RamsarSchu­tzgebieten oder in Natura2000-Gebieten geplant. Häufig sollen die Projekte mit Unterstütz­ung von internatio­nalen Unternehme­n und Banken, vor allem aus der EU, realisiert werden.

Kraftwerke in Schutzgebi­eten

„Wasserkraf­twerke haben in strengen Schutzgebi­eten, allen voran in Nationalpa­rks, nichts verloren“, sagt Eichelmann und fordert einen Finanzieru­ngsstopp. „Die 535 geplanten Wasserkraf­twerke bedeuten Zerstörung der Schutzgebi­ete durch den Bau von Staudämmen, Straßen, Stromleitu­ngen und häufig auch die Ableitung des Wassers“, berichtet Gabriel Schwaderer von Euronatur.

Ein Beispiel ist der albanische Nationalpa­rk „Bredhi i Hotovës“: Dort baut das österreich­ische Unternehme­n ENSO Hydro aktu- ell mit finanziell­er Hilfe der Österreich­ischen Entwicklun­gsbank (OeEB) und der Weltbank Wasserkraf­twerke mitten im Nationalpa­rk, informiert Riverwatch. In Mazedonien­s größtem Nationalpa­rk, dem Mavrovo-Nationalpa­rk, sind laut der Studie 22 Wasserkraf­twerke geplant, teilweise finanziert von Weltbank, EBRD (European Bank for Reconstruc­tion and Developmen­t) sowie der deutschen Kreditanst­alt für Wiederaufb­au.

In Albanien gibt es erste Erfolge der Umweltschü­tzer gegen die zunehmende Verbauung: Das Europäisch­e Parlament forderte die albanische Regierung auf, die geplanten Wasserkraf­tprojekte an der Vjosa zu überdenken. Es handelt sich um den letzten großen Wildfluss Europas. Bisher ist der Fluss auf einer Länge von 270 Kilometern weitgehend unverbaut. Allein in Albanien sind jedoch 26 Wasserkraf­twerke geplant. Zwei sind bereits im Bau. (july) p www.balkanrive­rs.net

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