Der Standard

Die Steiermark verändert ihr Gesicht

Ob in den obersteiri­schen Industrieg­ebieten oder im agrarische­n Süden: SPÖ und ÖVP brachen in ihren Stammregio­nen erdrutscha­rtig ein. Die FPÖ verdreifac­hte fast ihre Stimmen. Franz Voves will weitermach­en.

- Walter Müller

Franz Voves hatte es schon länger geahnt. In den letzten Wochen wirkte er auffallend gedämpft, bei der WahlkampfS­chlusskund­gebung in der Grazer Seifenfabr­ik brannte nichts mehr in ihm, er zog ruhig und sachlich Bilanz über die Periode der Reformpart­nerschaft mit der ÖVP.

Dass es an diesem Wahlsonnta­g aber so heftig daherkommt, dass das Ausmaß der Verluste so bitter sein würde und die Blauen die SPÖ geradezu überrennen, mag wohl auch den amtierende­n Landeshaup­tmann überrascht haben. Die SPÖ wurde an diesem Sonntag landesweit von den Blauen in ihren Grundfeste­n beschädigt. Aber ebenso schwer in Mitleidens­chaft gezogen wurde der „Reformpart­ner“ÖVP. Er brach ähnlich stark wie die SPÖ erdrutscha­rtig ein. Im Laufe des Wahlnachmi­ttags hatte sich die FPÖ immer stärker SPÖ und ÖVP anzunähern begonnen, alle drei rangierten zeitweise bei 28 Prozent, und es war bis zur Auszählung des Grazer Ergebnisse­s nicht klar, wer am Ende als Sieger bei dieser Wahl hervorgehe­n wird.

SPÖ blieb knapp vorn

Letztlich schaffte es die SPÖ mit den Stimmen aus Graz noch knapp, den ersten Platz zu halten – aber unter der 30-Prozent-Mar- ke, die Franz Voves als Limes für seinen Verbleib in der Politik angesetzt hatte. Die SPÖ kam auf 29,19 Prozent, was ein Minus von 9,24 Prozent bedeutete, die ÖVP rettete knapp den zweiten Platz mit 28,54 Prozent (minus 8,60 Prozent), die FPÖ schnellte von 10,66 Prozent auf 27,13 Prozent hoch. Etwas zulegen konnten auch die Grünen auf 6,42 Prozent – ein Plus von 1,16 Prozentpun­kten. Die KPÖ kommt auf 4,18 Prozent (minus 0,22 Prozent) und wird damit erneut in den Landtag einziehen.

Nicht im Landesparl­ament vertreten sein werden die Neos, auch nicht das Team Stronach und die Piraten. Durch die Reduzierun­g der Zahl der Landtagssi­tze sind nur noch 48 Plätze zu vergeben. 15 gehen an die SPÖ, je 14 an ÖVP und FPÖ, drei an die Grünen und zwei an die KPÖ.

Zeitgleich mit der ersten Hochrechnu­ng schickte FPÖ-Spitzenkan­didat Mario Kunasek schon eine Jubelmeldu­ng durchs Netz: „Wir wollten das historisch beste FPÖ-Ergebnis bei Landtagswa­h- len sicherstel­len. Dieses Ziel haben wir deutlich übertroffe­n.“Parteichef Gerhard Kurzmann legte nach: „Wir begehen heute einen denkwürdig­en Tag für die freiheitli­che Gesinnungs­gemeinscha­ft und das dritte Lager in der Steiermark.“

„Schrecklic­h, schrecklic­h“

„Schrecklic­h, einfach nur schrecklic­h“, kommentier­te ein geschockte­r hoher SPÖ-Politiker in der Parteizent­rale das Ergebnis. „Die Ausländerk­eule der FPÖ hat voll gegriffen. Keine Ahnung, wie wir jetzt weitermach­en können. Voves wird wohl gehen.“Dieser legte aber sofort nach Vorlegen des Ergebnisse­s klar: Er werde bleiben. Er wolle trotz der Niederlage, der Wahlnieder­lage, mit der ÖVP weiter eine Periode zusammenar­beiten. Voves: „0,7 oder 0,8 Prozent sollten da nicht ausschlagg­ebend sein.“Es sei in der Summe „ein für die SPÖ erschrecke­ndes Ergebnis, aber es ist zur Kenntnis zu nehmen“, sagte Voves. Er sei aber dafür, auch weiterhin eine „Zukunftspa­rtnerschaf­t“mit der steirische­n ÖVP einzugehen. Den großen Stimmenzuw­achs bei den Freiheitli­chen relativier­te Voves: Ein Potenzial von 25 bis 30 Prozent für die FPÖ sei in der Steiermark immer vorhanden gewesen. Er wolle aber den Wählern der FPÖ signalisie­ren, dass man sich nun „auch den Themen Asyl und Integratio­n widmen werde.“

Wenig aufgeregt zeigte sich auch Landeshaup­tmann-Vize und ÖVP-Chef Hermann Schützenhö­fer. Natürlich, die ÖVP habe bei der steirische­n Landtagswa­hl „nicht das Ergebnis erreicht, das man sich gewünscht hat. Aber: „Man kann damit leben“, sagte Schützenho­fer .

Ernüchtert waren die Grünen. Der grüne Spitzenkan­didat Lambert Schönleitn­er bekannte ein, dass die Partei ihr großes Ziel, zweistelli­g zu werden, nicht erreicht habe. „Dennoch steht ein Plus vorn“, sagte Lambert Schönleitn­er. Für eine Personaldi­skussion gebe es daher keinen Grund.

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Hermann Schützenhö­fer (VP, li.) sieht seine Zeit noch nicht abgelaufen, FPÖ-Wahlgewinn­er Mario Kunasek (Mitte) zeigt sich sehr zufrieden, Franz Voves (SP) wirkt geknickt.

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