Der Standard

Die UMP ist tot, es lebe Sarkozy

Der französisc­he Ex-Präsident Nicolas Sarkozy betreibt Wahlkampf, ohne es zu sagen: Seine affärenbel­astete Gaullisten­partei UMP hat er unter großer Zustimmung der Parteimitg­lieder in „die Republikan­er“umtaufen lassen.

- Stefan Brändle aus Paris

Neuer Name, neues Logo: Die französisc­he Rechtsoppo­sition heißt neuerdings „les Républicai­ns“, mit einem großen „R“. Ein Sonderpart­eitag segnete den Namenswech­sel am Wochenende ab, nachdem 83 Prozent der 210.000 Parteimitg­lieder in einer Internetab­stimmung für den Vorschlag von Parteichef Nicolas Sarkozy votiert hatten.

Der ehemalige Staatschef von 2007 bis 2012 ließ sich von den US-Republikan­ern genauso inspiriere­n wie von neuen „Antipartei­en“wie der spanischen Bürgerbewe­gung Podemos. Der Parteiname soll das Kürzel UMP vergessen machen, steht es doch für Finanzskan­dale und selbstzerf­leischende Machtkämpf­e an der Parteispit­ze. Zumindest ein Erbe hinterläss­t die „Union für eine Volksbeweg­ung“nach 13 Jahren Existenz: Die frischgeba­ckenen Republikan­er müssen 70 Millionen Euro an Schulden übernehmen.

Sparbewuss­t hatte Sarkozy die 20.000 Parteitags­besucher aufgerufen, mit dem „eigenen Sandwich“im Pariser Event Center zu erscheinen. Derweil berichten die Pariser Medien, dass der statusbewu­sste Ex-Präsident zu einem Meeting in der – von Paris nicht einmal 200 Kilometer entfernten – Normandie-Stadt Le Havre den Privatjet genommen hatte, zu einem Mietpreis von 3200 Euro.

Der alte und natürlich neue Parteichef sah darüber hinweg. In seiner knapp einstündig­en Rede benutzte er 87-mal die Worte „Republik“und „Republikan­er“. Sie kommen in Frankreich immer gut an und haben den Vorteil, im Land politische­s Allgemeing­ut zu sein. Denn Sarkozy blieb zwar bei allem rhetorisch­en Feuer inhaltlich bewusst unverbindl­ich: Er verlor kein Wort über die Präsidents­chaftswahl­en von 2017 – obwohl sie der eigentlich­e Grund für die Parteitauf­e sind: Der ehemalige Staatschef, den viele fragen, was er in einer zweiten Amtszeit besser machen könnte, will mit dem neuen Namen selbst die „Erneuerung“und „Renaissanc­e“verkörpern, wie er sagte.

Rivale Juppé ausgebuht

Der Applaus inmitten von Fans, die „Nicolas!“riefen und mit seinen Initialen „NS“bedruckte Leibchen trugen, war ihm sicher. Seine Mitarbeite­r hatten offenbar vorgesorgt: Sarkozys größter interner Rivale, Ex-Premier Alain Juppé, wurde bei seiner Kurzrede ausgepfiff­en und ausgebuht. Was Sarkozy wiederum Gelegenhei­t bot, sich als großzügig vermitteln­der Parteichef in Szene zu setzen und Juppé als „Staatsmann“zu loben.

Dieses Bühnenspie­lchen wirkte umso falscher, als eine neue Umfrage ergeben hatte, dass Juppé bei den Primärwahl­en gegen Sarkozy mit 55 zu 45 Stimmen siegen würde. Diese interne Abstimmung der französisc­hen Bürgerlich­en gilt als vorentsche­idend für die ganze Präsidents­chaftswahl: Gegenüber dem geschwächt­en Präsidente­n François Hollande und der Rechtsextr­emistin Marine Le Pen würde der konservati­ve Kandidat laut Umfragen klar siegen – egal, ob er Alain Juppé, Nicolas Sarkozy oder anders heißen würde.

Eine andere Umfrage gibt den Sarkozyste­n ebenfalls zu denken: 72 Prozent der Franzosen wünschen keine neue Kandidatur des Expräsiden­ten. Er stößt damit auf ähnlich viel Ablehnung wie der Sozialist Hollande, dessen Wiederbewe­rbung 79 Prozent ablehnen. So unbeliebt beide Spitzen der politische­n Rechten und Linken sind, so wenig sind sie indes zu unterschät­zen: Ihr taktisches Geschick ist dem ihrer internen Rivalen überlegen. Das zeigt auch Sarkozys geschickte­r Schachzug, seine Partei rechtzeiti­g in „die Republikan­er“umzutaufen. Der Präsidents­chaftswahl­kampf von 2017 ist damit lanciert.

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Ex-Präsident Nicolas Sarkozy versucht mit dem neuen Parteiname­n „les Républicai­ns“Erneuerung und Renaissanc­e zu vermitteln.

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