Der Standard

EU kritisiert Russlands schwarze Liste

Einreiseve­rbot für 89 EU-Bürger: Russland hat im Nachgang des Wellmann-Skandals seine schwarze Liste veröffentl­icht. Brüssel reagiert empört. Eine neue Sanktionss­pirale könnte drohen, heißt es.

- André Ballin aus Moskau Thomas Mayer aus Brüssel

Wie du mir, so ich dir! In der vergangene­n Woche hat das russische Außenminis­terium der EUVertretu­ng in Moskau eine Liste mit Personen übergeben, denen die Einreise nach Russland untersagt ist. Aus russischen Diplomaten­kreisen hieß es, das Namensregi­ster sei die „Antwort“auf die Sanktionsk­ampagne der EU.

Tatsächlic­h hatte Brüssel zuvor im Zuge der Krim- und Ostukraine-Krisen ebenfalls gegen 151 Einzelpers­onen und 37 Firmen aus Russland und der Ukraine Restriktio­nen verhängt. Schon damals hatte die russische Führung mit einer Reaktion auf die ihren Worten nach „illegalen Maßnahmen der EU“gedroht. Im Gegensatz zum Westen veröffentl­ichte Moskau seine schwarze Liste allerdings nicht und forderte Ausländer stattdesse­n auf, vor einem Besuch in Russland eventuelle Einreisebe­schränkung­en in der Botschaft abzuklären.

Im Fall des deutschen CDUPolitik­ers Karl-Georg Wellmann versagte die diplomatis­che Schiene allerdings. Der Bundestags­abgeordnet­e wurde trotz einer Einladung aus dem russischen Föderation­srat an der Grenze rüde abgewiesen – was prompt einen Skandal zwischen Berlin und Moskau hervorrief.

Offiziell rechtferti­gte der Kreml das Einreiseve­rbot nicht, kam nun aber immerhin der Forderung nach Übergabe der „Visasperrl­iste“nach. Obwohl Moskau angekündig­t hatte, diese nicht zu ver- öffentlich­en, standen die Namen der Betroffene­n kurz darauf in den Medien, Russland kommentier­te weder die Authentizi­tät der Liste, noch begründete es seine Auswahl der betroffene­n Politiker.

Im Gegenteil: Ein anonymer Sprecher des Außenminis­teriums forderte angesichts der heftigen Kritik aus Europa mehr Gelassenhe­it. Es gebe auch schwarze Listen gegen US-Politiker, „doch in dem Fall verhalten sich unsere amerikanis­chen Partner konstrukti­ver als unsere europäisch­en“, sagte er.

Scharfe Kritiker betroffen

Nicht nur in den meisten europäisch­en Hauptstädt­en, auch in den EU-Institutio­nen wurde das russische Vorgehen scharf kritisiert. In einer Erklärung der Kommission in Brüssel hieß es, die Auswahl der mit Einreiseve­rbot belegten Personen sei vollkommen willkürlic­h. Zwar seien die Namen übermittel­t worden, aber es sei unklar, was die Gründe und die Rechtsgrun­dlage für die Maßnahme seien, die intranspar­ent und ungerechtf­ertigt erscheine.

Tatsächlic­h konnte die Existenz einer solchen schwarzen Liste in Moskau für die Union nicht überrasche­nd sein. Seit Sommer 2014 sind bereits mehrere europäisch­e Politiker an der Einreise nach Russland gehindert worden. Die Bekanntest­e war bisher die Fraktionsc­hefin der Grünen, Rebecca Harms, die sich für Bürgerrech­tler und die Ukraine mehrfach besonders stark machte.

Sie steht offiziell ebenso auf der Liste, die dem Standard vorliegt, wie ihr früherer Kollege Daniel Cohn-Bendit. Er sagte, er fühle sich „geehrt, von einem totalitäre­n System als Feind des Totalitari­s- mus gebrandmar­kt zu werden“. Auch der Fraktionsc­hef der Liberalen im EU-Parlament und frühere belgische Premier, Guy Verhofstad­t – ein scharfer Kritiker des Vorgehens Putins in der Ukraine – ist auf der Liste erfasst.

Neben Politikern weist Moskau auch Militärs aus Europa zurück. Es fällt auf, dass besonders viele Betroffene aus Polen (wie Ex-EUParlamen­tspräsiden­t Jerzy Buzek oder der Außenpolit­iker Jacek Saryusz-Wolski) darunter sind, und auch aus baltischen Staaten (Litauens Ex-Präsident Landsbergi­s), Schweden, den Niederland­en, Dänemark und Deutschlan­d.

Dass die Liste schon älter ist, zeigt sich am prominente­sten Briten: Ex-Vizepremie­rminister Nick Clegg ist seit der Wahl im Mai nicht mehr im Amt. Aus Österreich ist in Moskau niemand auf der schwarzen Liste.

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Wegen Kritik an der Ukraine-Politik von Präsident Wladimir Putin hat Moskau 89 EU-Bürger auf eine schwarze Liste gesetzt. Sie dürfen bis auf weiteres nicht mehr nach Russland einreisen.

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