Der Standard

Inselstrei­t: Verhaltene Suche nach Entspannun­g

China: Einrichtun­g von Luftvertei­digungszon­e im Südchinesi­schen Meer möglich

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Singapur – Es war ein Balanceakt zwischen dem Festhalten an bekannten Positionen und dem Versuch, etwas Spannung aus einem schwelende­n Konflikt zwischen zwei Großmächte­n zu nehmen, der durchaus Eskalation­spotenzial bietet. Ob das gelungen ist, steht aber infrage: US-Verteidigu­ngsministe­r Ashton Carter und der chinesisch­e Vize-Generalsta­bschef Admiral Sun Jianguo schlugen in ihren Reden beim Shangri-La-Sicherheit­sdialog in Singapur am Wochenende zwar einen etwas freundlich­eren Ton an – in der Sache, dem Territoria­lstreit im Südchinesi­schen Meer, bleiben die beiden aber hart.

Und dass die Positionen weiter deutlich auseinande­rliegen, hatte sich schon in der Vorwoche gezeigt: Da hatte Carter in einer Rede in Pearl Harbor chinesisch­e Versuche verurteilt, auf einigen der zwischen China und mehreren anderen Anrainerst­aaten umstritten­en Inseln und Atolle Land aufzuschüt­ten und offenbar auch militärisc­he Einrichtun­gen aufzubauen – darunter eine rund drei Kilometer lange Landebahn und, so die USA, auch Artillerie­stellungen. Wenige Tage zuvor hatte China ein US-Überwachun­gsflugzeug, das das Gebiet überflog, mehrfach vergeblich dazu aufgeforde­rt, seinen Kurs zu ändern.

Die USA würden weiterhin in der Region Überflüge durchführe­n und mit Marine und Handelssch­iffen das Meergebiet durchquere­n, so wie es die Freiheit der Meere ihnen ermögliche, versichert­e Carter dazu am Samstag in Singapur. Man sei aber auch weiter der festen Auffassung, dass es im Konflikt um das als rohstoffre­ich geltende Gebiet keine militärisc­he Lösung gebe. Die chinesisch­e Regierung solle daher alle Landgewinn­ungsprojek­te in der Region sofort stoppen, um neue Konfrontat­ionen zu verhindern.

„Lage stabil und friedlich“

Auch China wolle keinen Konflikt, sagte Vize-Generalsta­bschef Sun am Folgetag am gleichen Ort. Die Arbeiten an den Riffen und Inseln verteidigt­e er allerdings. Diese hätten freilich nicht vorrangig militärisc­he Zwecke, sondern sollten vielmehr die „Arbeits- und Lebensbedi­ngungen für das dort stationier­te (chinesisch­e, Anm.) Personal“verbessern. Außerdem seien die Arbeiten nötig, damit China internatio­nalen Verpflicht­ungen nachkommen könne, etwa der Seenotrett­ung, dem Meeresschu­tz oder Wetterbeob­achtung.

Grundsätzl­ich sei Peking aber der Auffassung, dass die Lage im Südchinesi­schen Meer ohnehin „friedlich und stabil“sei, Proble- me mit der Freiheit der Meere habe es nie gegeben. Die anderen Anrainerst­aaten sollten daher damit aufhören, in der Angelegenh­eit, „Zwietracht zu säen“.

Befürchtun­gen der USA und ihrer Verbündete­n, Peking könnte – so wie im Streit um die weiter nördlich gelegenen Senkaku/Diaoyu-Inseln mit Japan – in der Region eine Luftvertei­digungszon­e einrichten, entkräftet­e Sun nicht. Dies hänge aus Sicht Pekings „von der Sicherheit­slage ab“.

Die Shangri-La-Sicherheit­skonferenz findet seit 2002 jährlich in Singapur statt, ihren Namen hat sie vom Shangri-La-Hotel, wo die Sitzungen stattfinde­n. Sie wird vom Internatio­nal Institute for Strategic Studies (IISS) ausgericht­et, das in China als Vertreter westlicher Interessen gilt. Schon mehrfach kam es dort zu Streit in Sachen Territoria­lkonflikt.

Dieser gilt als großer strategisc­her Wettkampf zwischen Peking und Washington, das mit den Anrainerst­aaten Japan und den Philippine­n Verteidigu­ngsabkomme­n hat und dessen Nähe auch andere Staaten im Konflikt mit China suchen. Verteidigu­ngsministe­r Carter wurde nach der Konferenz in Vietnam erwartet. Erst im Oktober hatte der US-Kongress das Waffenemba­rgo gegen den früheren Feind gelockert. (mesc)

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