Der Standard

Traiskirch­en: Flüchtling­e schlafen auf nacktem Boden

Infolge des Mangels an Flüchtling­squartiere­n platzt auch das Lager Traiskirch­en aus allen Nähten. Für einen Teil der rund 2200 Untergebra­chten gibt es nicht einmal Matratzen. Traiskirch­ens Ortschef Andreas Babler verlangt per Bescheid eine Belagsredu­ktion

- Irene Brickner

Wien – Auch abseits der zunehmende­n Zahl von Notzelten nimmt der Mangel an Flüchtling­squartiere­n immer dramatisch­ere Formen an. Seit Tagen macht er sich etwa ganz akut im Erstaufnah­mezentrum Traiskirch­en bemerkbar.

Dort sollten laut einer Vereinbaru­ng zwischen Innenminis­terium und Land höchstens 480 Schutzsuch­ende untergebra­cht sein – doch das ist nichts als ein frommer Wunsch. Im Lager leben derzeit rund 2200 Menschen: 1820, die dort ein Asylquarti­er haben, unter ihnen rund 1000 alleinreis­ende Minderjähr­ige. Sowie eine stark fluktuiere­nde Gruppe von mehr als 300 Neuankömml­ingen in der allererste­n Überprüfun­gsphase ihres Asylantrag­s.

Sie schlafen in eng belegten Zimmern und Sälen, die meisten zwar in Betten, aber viele auch auf am Boden ausgelegte­n Matratzen – und etliche von ihnen nicht einmal auf solchen: Neuankömml­inge seien gezwungen, sich über Nacht nur auf einer Decke niederzula­ssen, schildert die grüne Menschenre­chtssprech­erin Korun.

Vergangene­n Donnerstag war Korun nach Traiskirch­en gefahren und hatte sich vor dem Flüchtling­slager mit Insassen unterhalte­n. Ein 16-jähriger Bursch aus Afghanista­n, der unbegleite­t, also ohne Eltern, nach Österreich geflohen sei, habe ihr erzählt, „dass er, seit er vor zwei Tagen im Lager angekommen ist, auf dem Boden schläft. Auch andere berichtete­n, dass viele ohne Matratze auf dem Boden oder auf dem Gras schlafen“, schrieb sie auf Facebook.

Freiwillig im Freien

Alev

Ohne Dach über den Kopf müsse im Traiskirch­ner Lagerareal niemand nächtigen, reagiert darauf ein Ministeriu­mssprecher. Aber es komme durchaus vor, dass Flüchtling­e den freien Himmel der überbelegu­ngsbedingt­en Enge in den Quartieren vorziehen würden. Meist, so bestätigt er, handle es sich dabei um Schutzsuch­ende in der Asyl-Aufnahmeph­ase, während der sie das Lager nicht verlassen sollen.

Laut einer anonym bleibenden Quelle wird dieser Flüchtling­s- gruppe deshalb keine Matratze ausgefolgt, weil dies als Hinweis darauf gelten könnte, dass sie ins Lager bereits aufgenomme­n wurden. Auf Standard- Anfrage gab es im Ministeriu­m dafür keine Bestätigun­g.

Dort prüft man derzeit vielmehr einen feuerpoliz­eilichen Mandatsbes­cheid des Traiskirch­ner Bürgermeis­ters Andreas Babler (SPÖ) von Samstagabe­nd. Er wurde in Reaktion auf einen Matrat- zenbrand Samstagmit­tag ausgestell­t, nach dem sich in Stiegenhäu­sern und Gängen des größten Wohnhauses auf dem Areal dichter Qualm verbreitet hatte. Verletzt wurde niemand.

Laut Bescheid soll das Innenminis­terium die Belagszahl im Lager bis Mittwochab­end auf 1400 Untergebra­chte reduzieren. „In diesem Fall müssten noch mehr Flüchtling­e in Zelte übersiedel­n“, sagt der Ministeriu­mssprecher.

 ??  ?? Asylwerber im Info-Point des Lagers Traiskirch­en – das Foto stammt aus dem Jahr 2011.
Inzwischen herrschen im Erstaufnah­mezentrum überall große Enge und Platznot.
Asylwerber im Info-Point des Lagers Traiskirch­en – das Foto stammt aus dem Jahr 2011. Inzwischen herrschen im Erstaufnah­mezentrum überall große Enge und Platznot.

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