Der Standard

Google I/O: Viele Neuigkeite­n, wenige Antworten

Den bescheiden­den Anfängen als kleine Suchmaschi­ne ist Google längst entwachsen. Nirgendwo ist dies so eindrückli­ch zu sehen wie auf der Hauskonfer­enz des Unternehme­ns. Hinter der Fassade des jährlichen Neuigkeite­nreigens bleibt aber so manche Frage offen

- Andreas Proschofsk­y

San Francisco – Sie hat sich zu einem der wichtigste­n TechEvents des Jahres gemausert: die Google I/O, die vergangene Woche bereits zum achten Mal in San Francisco abgehalten wurde. Was hier vorgestell­t wird, gibt die Richtung für einen bedeutende­n Teil der Branche vor. Entspreche­nd groß war das Interesse: Zu 6000 Teilnehmer­n vor Ort gesellten sich Hunderttau­sende, die den Livestream der Eröffnungs­keynote auf Youtube verfolgten.

Und Google sollte die Erwartunge­n des Publikums nicht enttäusche­n. Konnte man doch mit zahlreiche­n Neuerungen aufwarten. Da wäre einmal Android M, die neueste Version von Googles Betriebssy­stem, die nicht zuletzt Privacy-Verbesseru­ngen verspricht. Die Nutzer können künftig einzelnen Apps gezielt Berechtigu­ngen – etwa zum Zugriff auf Standortin­formatione­n – entziehen.

Mit Google Photos präsentier­te der Softwarehe­rsteller einen kostenlose­n Onlinefoto­service mit de facto unlimitier­tem Speicherpl­atz, der noch dazu die Sortierung automatisc­h vornimmt, und zwar nach dem abgebildet­en Inhalt. Den aktuellen Virtual-Reality-Hype begleitet Google schon seit dem Vorjahr mit der LowCost-Lösung Cardboard. Mit Jump gibt es jetzt das dazupassen­de System, um dreidimens­ionale Rundumaufn­ahmen zu erstellen – und mit Gopro gleich den passenden Partner zum Einstieg.

Spannende Experiment­e

Jenseits des Alltagsges­chäfts ist Google für seine ambitionie­rten Forschungs­projekte bekannt. Ein neuartiger Typ Faden soll künftig die Erstellung smarter Textilien erleichter­n. Die heimische Couch könnte also schon bald zur Fernbedien­ung mutieren. Die weitere Entwicklun­g soll in Kooperatio­n mit dem Jeansherst­eller Levis erfolgen. Ein zweites Experiment ist ein Miniradar in Form eines fingernage­lgroßen Chips. Dieser kann Handbewegu­ngen im näheren Umkreis exakt analysiere­n, was neue Formen der Gestensteu­erung ermögliche­n soll.

Die Innovation­skraft von Google scheint also ungebroche­n. Gleichzeit­ig blieb das Unternehme­n aber Antworten auf aktuelle Herausford­erungen schuldig. Neben dem stetig intensiver werdenden Interesse der EU-Kartellwäc­hter sieht sich Google auch an anderen Fronten unter Druck. Zwar läuft das Werbegesch­äft, das das Unternehme­n praktisch im Alleingang trägt, weiterhin gut. Der Trend zu mobilen Geräten bremst aber das Wachstum, da hier die Preise niedriger sind.

Hinzu kommt, dass Android zwar den Smartphone­markt dominiert – im letzten Jahr wurden mehr als eine Milliarde Geräte damit ausgeliefe­rt – die Position Googles aber fragiler ist, als es zunächst den Anschein macht. Gerade Microsoft macht aktuell gehörigen Druck, um die eigenen Programme auf möglichst vielen Geräten mit Android vorzuinsta­llieren. Die neue Konkurrenz könnte die Nutzung von GoogleServ­ices zurückdrän­gen – mit negativen Auswirkung­en auf das Kerngeschä­ft des Android-Hersteller­s.

Schweigen über China

Auch China war kein Thema auf der Konferenz. Seit Jahren steht Google mit der dortigen Regierung wegen deren Internetze­nsur im Konflikt. Entspreche­nd werden alle chinesisch­en Android-Geräte ohne Google-Services ausgeliefe­rt, was der Konzern natürlich gerne ändern würde. Immerhin entgeht ihm so ein Milliarden­markt.

Hinweis im Sinne der redaktione­llen Leitlinien: Die Eintrittsk­arte zur I/O wurde von Google zur Verfügung gestellt. pAusführli­che Berichte zur Google

I/O auf derStandar­d.at/Web

 ??  ?? Durch die einleitend­e Keynote führte Googles Produktche­f Sundar Pichai, der mittlerwei­le neben CEO
Larry Page maßgeblich die Geschicke des Konzerns bestimmt.
Durch die einleitend­e Keynote führte Googles Produktche­f Sundar Pichai, der mittlerwei­le neben CEO Larry Page maßgeblich die Geschicke des Konzerns bestimmt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria