Google I/O: Viele Neuigkeiten, wenige Antworten
Den bescheidenden Anfängen als kleine Suchmaschine ist Google längst entwachsen. Nirgendwo ist dies so eindrücklich zu sehen wie auf der Hauskonferenz des Unternehmens. Hinter der Fassade des jährlichen Neuigkeitenreigens bleibt aber so manche Frage offen
San Francisco – Sie hat sich zu einem der wichtigsten TechEvents des Jahres gemausert: die Google I/O, die vergangene Woche bereits zum achten Mal in San Francisco abgehalten wurde. Was hier vorgestellt wird, gibt die Richtung für einen bedeutenden Teil der Branche vor. Entsprechend groß war das Interesse: Zu 6000 Teilnehmern vor Ort gesellten sich Hunderttausende, die den Livestream der Eröffnungskeynote auf Youtube verfolgten.
Und Google sollte die Erwartungen des Publikums nicht enttäuschen. Konnte man doch mit zahlreichen Neuerungen aufwarten. Da wäre einmal Android M, die neueste Version von Googles Betriebssystem, die nicht zuletzt Privacy-Verbesserungen verspricht. Die Nutzer können künftig einzelnen Apps gezielt Berechtigungen – etwa zum Zugriff auf Standortinformationen – entziehen.
Mit Google Photos präsentierte der Softwarehersteller einen kostenlosen Onlinefotoservice mit de facto unlimitiertem Speicherplatz, der noch dazu die Sortierung automatisch vornimmt, und zwar nach dem abgebildeten Inhalt. Den aktuellen Virtual-Reality-Hype begleitet Google schon seit dem Vorjahr mit der LowCost-Lösung Cardboard. Mit Jump gibt es jetzt das dazupassende System, um dreidimensionale Rundumaufnahmen zu erstellen – und mit Gopro gleich den passenden Partner zum Einstieg.
Spannende Experimente
Jenseits des Alltagsgeschäfts ist Google für seine ambitionierten Forschungsprojekte bekannt. Ein neuartiger Typ Faden soll künftig die Erstellung smarter Textilien erleichtern. Die heimische Couch könnte also schon bald zur Fernbedienung mutieren. Die weitere Entwicklung soll in Kooperation mit dem Jeanshersteller Levis erfolgen. Ein zweites Experiment ist ein Miniradar in Form eines fingernagelgroßen Chips. Dieser kann Handbewegungen im näheren Umkreis exakt analysieren, was neue Formen der Gestensteuerung ermöglichen soll.
Die Innovationskraft von Google scheint also ungebrochen. Gleichzeitig blieb das Unternehmen aber Antworten auf aktuelle Herausforderungen schuldig. Neben dem stetig intensiver werdenden Interesse der EU-Kartellwächter sieht sich Google auch an anderen Fronten unter Druck. Zwar läuft das Werbegeschäft, das das Unternehmen praktisch im Alleingang trägt, weiterhin gut. Der Trend zu mobilen Geräten bremst aber das Wachstum, da hier die Preise niedriger sind.
Hinzu kommt, dass Android zwar den Smartphonemarkt dominiert – im letzten Jahr wurden mehr als eine Milliarde Geräte damit ausgeliefert – die Position Googles aber fragiler ist, als es zunächst den Anschein macht. Gerade Microsoft macht aktuell gehörigen Druck, um die eigenen Programme auf möglichst vielen Geräten mit Android vorzuinstallieren. Die neue Konkurrenz könnte die Nutzung von GoogleServices zurückdrängen – mit negativen Auswirkungen auf das Kerngeschäft des Android-Herstellers.
Schweigen über China
Auch China war kein Thema auf der Konferenz. Seit Jahren steht Google mit der dortigen Regierung wegen deren Internetzensur im Konflikt. Entsprechend werden alle chinesischen Android-Geräte ohne Google-Services ausgeliefert, was der Konzern natürlich gerne ändern würde. Immerhin entgeht ihm so ein Milliardenmarkt.
Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Eintrittskarte zur I/O wurde von Google zur Verfügung gestellt. pAusführliche Berichte zur Google
I/O auf derStandard.at/Web