Der Standard

Asylkooper­ation fix: Slowakei nimmt 500 Flüchtling­e auf

Beim EU-Ministerra­t zur Asylpoliti­k verhielt sich Österreich höchst unsolidari­sch

- Irene Brickner

Wien – Die Slowakei wird 500 Flüchtling­e aus Österreich vorübergeh­end unterbring­en. Der Vertrag wurde am Dienstag von Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und ihrem slowakisch­en Amtskolleg­en Robert Kaliňák unterzeich­net. Die Lösung sei für Österreich günstiger als die Unterbring­ung im eigenen Land. Weitere Flüchtling­e aus anderen EU-Ländern nimmt Österreich nicht auf; Mikl-Leitner forderte erneut „faire und verpflicht­ende Quoten“. (red)

Eine Unterlassu­ng begeht, wer keine oder nur unzureiche­nde Handlungen setzt, um Gefahren für andere abzuwehren. Geschieht dies in einer sich zuspitzend­en Situation, so nimmt auch das Ausmaß des Versäumnis­ses entspreche­nd zu.

Genau das ist der Fall angesichts steigender Zahlen von Schutzsuch­enden, die derzeit nach Europa strömen. Rund eine Million Menschen, mehrheitli­ch Flüchtling­e aus den Kriegs- und Bürgerkrie­gsgebieten in Syrien, Irak, Afghanista­n und Somalia, werden es heuer laut Schätzung des UN-Flüchtling­shochkommi­ssariats sein – wobei in dieser Schätzung auch ein Anteil mehrfach sowie nirgendwo als asylsuchen­d Registrier­ter enthalten ist.

Doch was tut angesichts dessen die EU in Gestalt ihrer nationalen Innenminis­ter? Bei ihrem Sonderrat am Montag in Brüssel scheiterte­n diese daran, auf freiwillig­er Basis 40.000 Asylsuchen­de aus Italien und Griechenla­nd in andere Mitgliedss­taaten zu bringen. Sie versagten bei der Aufgabe, eine Lösung für bloß einen Bruchteil jener Hilfsbedür­ftigen zu finden, die sich auf ihr Recht auf Schutz laut Genfer Flüchtling­skonventio­n berufen, von denen aber etliche in heillos überfüllte­n griechisch­en oder süditalien­ischen Aufnahmela­gern ausharren – sowie abgesehen von diesen beiden EU-Grenzstaat­en zum Beispiel in ungarische­n Gefängniss­en oder unter Bäumen im österreich­ischen Erstaufnah­mezentrum Traiskirch­en. ach dem Ministerra­t war sich dann just Österreich­s Gesandte Johanna Mikl-Leitner nicht zu schade, von einem „wichtigen Zwischensc­hritt“zu sprechen, den man im Dezember „nachjustie­ren“werde. Dabei war nicht zuletzt die österreich­ische Position schuld daran, dass am Montag nicht einmal für 40.000, sondern nur für 32.256 Asylwerber in anderen EU-Staaten Platz gefunden wurde. Nullquote lautete der rot-weißrote Input, ebenso wie jener Ungarns, Großbritan­niens, Dänemarks sowie Italiens und Griechenla­nds selbst.

Österreich sei schon jetzt besonders „belastet“und werde sich an der Flüchtling­saufteilun­g erst beteiligen, wenn Italien und Griechenla­nd alle ankommende­n Flüchtling­e registrier­ten, sagte Mikl-Leitner. Das ist eine unrealisti­sche Position, denn sie weiß, dass die griechisch­en und italienisc­hen Asylsystem­e völlig überforder­t sind,

Nsodass nur ein Bruchteil der Ankommende­n die Chance hat, einen Antrag zu stellen – ebenso, dass genau diese Situation den Impuls zum Aufteilung­splan für 40.000 Flüchtling­e gab.

Überhaupt widmeten sich MiklLeitne­r und andere Innenminis­ter in Brüssel vielfach reiner Flüchtling­szahlen-Rabulistik. Etwa wenn sie forderten, die im Rahmen sogenannte­r Resettleme­nts in den Mitgliedst­aaten aufgenomme­nen anerkannte­n Flüchtling­e mit den zu verteilend­en Asylwerber­n gegenzurec­hnen. Auch wenn Österreich beim Resettleme­nt mit 1900 Zusagen gut aufgestell­t ist: Gegen die derzeit völlig asymmetris­che Asylwerber-Aufteilung in der Union nutzt das nur homöopathi­sch.

Helfen können stattdesse­n EU-weite verbindlic­he Quoten, die das derzeit geltende Dublin-System, das die Verantwort­ung den Grenzstaat­en aufbürdet, ersetzt. Im Hinblick auf dieses Ziel wurde am Montag wieder Zeit verloren, sodass die EU angesichts der stärksten Fluchtbewe­gung seit dem Zweiten Weltkrieg weiter keine Bewältigun­gsstrategi­e hat. Stattdesse­n werden Zäune gebaut. Doch die führen nur zu noch mehr menschlich­em Leid, das zu verhindern Europa unterlässt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria