Mit einem einfachen Satz zur biologischen Wahrheit
Mit seinem Doktorvater Anton Wutz wechselte Martin Leeb 2009 vom Wiener Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie nach Cambridge. Im Gepäck war der Plan, die große Expertise und die guten Technologien der dortigen Stammzellforschung zu nutzen, um etwas Ungewöhnliches zu schaffen: „haploide“embryonale Stammzellen. Also Zellen mit nur einem einfachen Chromosomensatz – und nicht wie üblich mit dem zweifachen, von Mutter und Vater. Der Plan sollte aufgehen: 2011 präsentier- ten die Forscher ihre Entwicklung haploider embryonaler Mäusestammzellen im Fachblatt Nature.
Zeitgleich publizierten ehemalige Kollegen vom Vienna Biocenter, eine Gruppe um Josef Penniger, die gleiche Entwicklung. Seine Entdeckung von damals nutzt Leeb heute auf der Suche nach jenen genetischen Faktoren, die die Identität von Zellen festlegen.
Denn mit den haploiden embryonalen Stammzellen lassen sich genetische Manipulationen leichter durchführen. „Wir nehmen ein paar Millionen von diesen Zellen, die sich trotz ihres einfachen Chromosomensatzes noch in beliebiges Gewebe entwickeln können. In diesem Pool schalten wir jedes Gen einmal ab. Dann geben wir die Zellen in ein Medium, wo sie sich normalerweise zu differenzieren beginnen“, sagt Leeb.
Es folgt die Analyse: Kann sich eine Zelle trotz der Manipulation noch in eine bestimmte Richtung – etwa eine Nervenzelle – differenzieren, braucht sie wohl das manipulierte Gen für den Vorgang nicht. Kann sie dies nicht mehr und bleibt sie eine Stammzelle, „dann ist dieses Gen im Normalfall dafür verantwortlich, eine Zelle in eine bestimmte Richtung zu treiben“.
In groben Zügen ist Leeb das genetische Netzwerk, das für die ersten Schritte der Differenzierung verantwortlich ist, bereits bekannt. Nun will er herausfinden, wie die Gene im Detail funktionieren – „um Schritt für Schritt zur biologischen Wahrheit zu kommen“. (ly)