GIS- Gebühr zurück für glaubhaft reinen Web-Empfang
Und sie bewegt sich doch, die Gebührentochter des ORF: Wer glaubhaft machen kann, dass er oder sie in der Vergangenheit rein internetbasiert Radio hörte, soll Gebühren zurückbekommen, hieß es Dienstag bei der GIS.
Wien – Rund 160 Web-User dürften bis Montag die GIS beschäftigt haben: Sie nutzen Radio alleine über Internet, ohne TV-Stick- oder Karte. Und die GIS verlangte Gebühren von ihnen. Deshalb machten sie sich auf den Rechtsweg gegen die Zasterfahnder des ORF, verlangten einen Bescheid und gingen dagegen vor.
Soweit sie Gebühren gezahlt haben, erhalten sie nun ihr Geld zurück. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat, wie berichtet, höchstrichterlich bestätigt: Reiner Web-Empfang ist kein Rundfunk, und nur für Rundfunk dürfe der ORF nach geltendem Recht Gebühren verlangen.
Nach der Entscheidung am Montag hieß es bei der GIS: Die übrigen reinen Web-User, die weder ein Radio noch einen Fernseher noch einen DVB-T-Stick oder sonst ein stationäres Gerät zum Rundfunkempfang im Haushalt haben, können sich nun – für die Zukunft – von den Gebühren abmelden.
„Rechtlich verfehlt“
Diese GIS-Position ist „rechtlich verfehlt“: Mit diesen Worten meldete sich der Salzburger Anwalt Arnold Gangl beim STANDARD. Der Salzburger Anwalt vertrat etwa jenen Web-User, der im Sommer 2014 als Erster beim Bundesverwaltungsgericht Recht bekam.
Und mehrere vom STANDARD befragte Rundfunkjuristen bestätigten: Die GIS muss wohl all jenen Rundfunkgebühren zurückzahlen, die allein über Web Radio hörten. Mit zwei Bedingungen, sagten die Juristen:
Rechtlich „heikel“könnte der Nachweis werden, dass man sich schon über einen bestimmten Zeitraum allein über Internet beschallen ließ. Auf Anmeldungen dürfte das jedenfalls nicht durchgängig dokumentiert sein.
Und: Betroffene Gebührenzahler müssten sich selbst an die GIS wenden, womöglich klagen. OTon: „Von sich aus muss die GIS nichts tun.“
Genau das fordert Gangl – mehr moralisch denn rechtlich: Die GIS appelliere mit großem Werbeaufwand „an Gesetzestreue, Ehrlichkeit und Lauterkeit“des Publikums. Da wäre es nur fair, wenn sie allen Betroffenen von sich aus zu Unrecht eingehobene Beträge zurückerstatte. Die GIS gehe bei Gebührenverweigerern bis zur Gehaltspfändung, erklärt er, der Fall eines Users liege ihm vor.
Die GIS tat seit Montag einiges von sich aus: Heftig wurde offenbar intern die Rechtsposition diskutiert, dass die Entscheidung der Höchstrichter nur für die Zukunft gelten könnte.
Rückzahlung möglich
Dienstagnachmittag bestätigte der Leiter der GIS-Rechtsabteilung einen neuen Zugang: Sie schließt Rückzahlungen auch für Web-User nicht mehr aus, die nicht rechtlich gegen die Gebühr vorgegangen sind.
Wie das funktioniert, beschreibt Chefjurist Christian Kopff dem STANDARD so: Rückzahlungen – formal gelten sie als rückwirkende Abmeldungen – „kommen dann in Frage, wenn der Rundfunkteilnehmer glaubhaft machen kann, dass er tatsächlich Radio nur über Internet konsumiert hat“. Zum Beispiel, wenn das auf dem Anmeldeformular dokumentiert sei. Oder wenn der Gebührenzahler das der GIS auf anderem Weg schon in der Vergangenheit mitgeteilt hat, zum Beispiel telefonisch.
Nachsatz: „Im Ergebnis werden wir wohl in jedem Einzelfall den tatsächlichen Sachverhalt genau ermitteln müssen.“
Der ORF drängt nun „mittelfristig“, Gebührenpflicht an ORF-Inhalte und nicht an Verbreitungswege zu knüpfen. Zielrichtung ist offenkundig keine Abogebühr für tatsächliche Nutzer, sondern eine Haushaltsabgabe für alle. Das Medienministerium signalisierte, wie berichtet, sehr allgemeine Bereitschaft, darüber zu reden. (fid) pMehr: derStandard.at/Etat