„Problemjäger“beschäftigen Justiz und Politik
Gegen Mensdorff-Pouilly wird erneut ermittelt – umstrittene Jagdpraktiken sind aber weitverbreitet
Wien – Gegen Jagdherrn Alfons Mensdorff-Pouilly wird behördlich ermittelt und jagdverbandsintern geprüft. Bei der BH Güssing sind laut Bezirkshauptfrau Nicole Wild Anzeigen eingelangt. „Die Amtstierärztin ermittelt. Letztes Jahr wurde gegen den Jäger bereits eine Geldstrafe wegen einer Verwaltungsübertretung in der Tierhaltung verhängt.“
Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) hatte aufgedeckt, dass in Mensdorff-Pouillys Jagdrevier an der österreichisch-ungarischen Grenze gezüchtete Rebhühner in Kisten gepackt und aus Sicht des VGT viel zu spät ausgesetzt worden waren. Weil in den angezeigten Volieren immer noch illegal Tiere gehalten würden, seien vom VGT 16 Rebhühner ins Wiener Tierschutzhaus gebracht worden.
Aufgrund einer Disziplinaranzeige gegen Mensdorff-Pouilly prüft nun der Landesjagdverband Burgenland, ob „das Ansehen der Jägerschaft durch das Verhalten eines beschuldigten Jägers beschädigt wird“, erklärt Geschäftsführer Andreas Duscher.
Auch gegen andere prominente Jäger wird behördlich ermittelt. Eine Wildschweinjagd in einem Jagdgatter in Kaumberg in Niederösterreich hatte 2013 für Aufregung gesorgt. Eine hochrangige Jagdgesellschaft wurde unter anderem wegen Waldzerstörung, Tierquälerei und Verstößen gegen die Waidgerechtigkeit angezeigt.
Öffentliches Interesse
Die Staatsanwaltschaft Wien teilte dem STANDARD auf Anfrage mit: „Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.“Aufgrund der prominenten Namen bestehe öffentliches Interesse, und die Staatsanwaltschaft sei berichtspflichtig. In solchen Fällen könne es schon einmal länger dauern. Ein Disziplinarverfahren gegen die Jagdleitung des niederösterreichischen Jagdverbands wurde vom Disziplinarrat eingestellt. Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll war in seiner Position als Landesjägermeister auch Vorsitzender des Disziplinarrats. Eine Frage zum Stand der Dinge beantwortet Pröll nicht, weil er im Ausland sei.
Jagdexperte und Tierarzt Rudolf Winkelmayer kritisiert: „Es gibt keine Transparenz, wie ein Disziplinarrat zu seinen Entscheidungen kommt. Der Verdacht der politischen Einflussnahme steht zudem im Raum.“
Eine Jägerin soll im Nationalpark Kalkalpen aufgrund einer Verwechslung einen Luchs erschossen haben. Der illegale Abschuss des Luchses aus einem Wiederansiedlungsprojekt beschäftigt nun die Staatsanwaltschaft Steyr. „Es geht hier um Problemjäger“, sagt SP-Justizsprecher Hannes Jarolim. „Der Staat muss Schadenersatz erhalten, wenn durch Jäger ein Schaden bei Bund und Ländern entsteht.“
„In den Landesjagdgesetzen schafft sich die Jägerschaft halblegale Graubereiche und Schlupflöcher“, kritisiert Winkelmayer. „Das Züchten und Aussetzen von Tieren zu jagdlichen Zwecken sowie das Jagen in eingezäunten Gebieten“sollten verboten werden.
„Der Landesgesetzgeber findet das nötige Augenmaß“, findet hingegen Peter Lebersorger, Generalsekretär der österreichischen Landesjagdverbände. Für ein Verbot spricht sich auch die GrünenLandtagsabgeordnete und Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins Madeleine Petrovic aus. Ebenso Franz Puchegger, Geschäftsführer vom ökologischen Jagdverband. Seine Begründung: „Weil durch diese Jagdpraktiken Wald nachhaltig zerstört wird.“