Klammern an die Macht
Platini und Blatter berufen gegen Sperren, Kandidatenkreis für Fifa-Wahl lichtet sich
Zürich – Auf die Suspendierungen folgte das Klammern an die Macht. Am Donnerstag hatte die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes sowohl Fifa-Präsident Joseph Blatter (79) als auch Michel Platini (60), Chef des europäischen Verbandes (Uefa), für 90 Tage gesperrt. Beide kündigten Einspruch gegen das Urteil an. Blatters Berater Klaus Stöhlker hatte noch am Donnerstag erklärt, dies habe keinen Sinn. Es ist ohnehin ein formelles Manöver. Von einer Aufhebung der Sperren ist nicht auszugehen. Die Einsprüche haben auch keinerlei aufschiebende Wirkung.
Den Vorwurf von Blatters Anwälten, wonach der Schweizer nicht einvernommen worden sei, wies die Ethikkommission zurück. „Herr Blatter wurde am 1. Oktober von Robert Torres von der Fifa-Ethikkommission einvernommen“, sagte Andreas Bantel, Sprecher der Untersuchungskammer des Gremiums. Auch Platini sei angehört worden.
Während die Fifa noch am Donnerstag den Kameruner Issa Hayatou als Blatters Vertreter eingesetzt hat, ist die Uefa führungslos. Am kommenden Donnerstag tagt das Exekutivkomitee bei der Dringlichkeitssitzung in Nyon. Platini versucht sich derweil in Unschuld zu waschen. „Ich weise alle Anschuldigungen gegen meine Person, die nur zum Schein gemacht wurden und erstaunlich vage sind, zurück.“
Die beiden mächtigen FußballFunktionäre sind ins Visier der internen Ermittler geraten, weil im Schweizer Strafverfahren gegen Blatter eine dubiose Millionenzahlung an Platini aufgetaucht war. Der Franzose riecht ein politisches Manöver, um seine nun so gut wie gescheiterte Kandidatur für die Fifa-Präsidenten-Wahl zu verhindern. Die Fifa erwägt indes, die für 26. Februar angesetzte Präsidentenwahl zu verschieben, wie zwei mit den Plänen vertraute Personen am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters verrieten. Das Thema dürfte auf der Tagesordnung einer Krisensitzung des FifaExekutivkomitees stehen. Ob es zu der Sitzung kommt, könnte nächste Woche entschieden werden.
Aber wer kann, soll und will Blatter überhaupt folgen? Interimspräsident Hayatou (69) ist dem Vernehmen nach gesundheitlich angeschlagen und hat bereits eine längerfristige Nachfolge ausgeschlossen. Zudem steht auch er unter Korruptionsverdacht. Der Südkoreaner Chung Mong-joon (63), der für sechs Jahre gesperrt wurde und ebenfalls Einspruch ankündigte, ist endgültig aus dem Rennen. Er wird wie Platini den Integritätscheck nicht bestehen. Prinz Ali bin Al Hussein (39/Jordanien) will noch einmal antreten, er unterlag Blatter im Mai. DFB-Chef Wolfgang Niersbach (64) wird oft als Alternative genannt. Er selbst hält sich zurück. Es ehre ihn, „dass es Leute gibt, die mir das zutrauen“, sagte er zu RTL. (sid, APA, red)