Der Standard

Weisheit für den Watschenta­nz der Werber

Was wurde aus dem Watschenta­nz von Österreich­s größter Werbeagent­ur mit dem Creativ Club um Plagiat und Disqualifi­zierung vom wichtigste­n Kreativpre­is im Land? Rote Nasen, laut Schiedsger­icht Fehler auf beiden Seiten. Zeit für Neubeginn, sagen beide.

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Wien – Elf Kreative aus dem Hause Demner, Merlicek & Bergmann (DMB) gegen den Vorstand des Creativ Club Austria, kurz CCA – das hat Brutalität. Es brauchte ein Schiedsger­icht, um die Mannschaft­en zur Ordnung zu rufen: „Wir haben korrektes Verhalten und Fehlverhal­ten auf beiden Seiten festgestel­lt“, resümieren die Schiedsric­hter.

Sie schreiben von einem CCAVizeprä­sidenten und -Juryvorsit­zenden, der einen Plagiatsve­rdacht gegen seine Agentur gegen die Regeln des Clubs zunächst nicht dem Vorstand vorlegte. Das Schiedsger­icht empfiehlt, den Mann „für zwei Jahre vom Juryvorsit­z und für ein Jahr von der Jury auszuschli­eßen“.

„Unbrauchba­re Begriffe“

Der CCA habe zudem eine Arbeit von Demner, Merlicek & Bergmann mit „unbrauchba­ren Begriffen“als „technologi­schen Doppelgäng­er“disqualifi­ziert. Der Vorstand habe im Zuge der Auseinande­rsetzung „unangemess­en, inhaltlich falsch und unsachlich“argumentie­rt und „die ethische Haltung des CCA verletzt“. Dafür bewarb sich DMB „unwahr“als meistausge­zeichnete Agentur im jüngsten Wettbewerb – elf DMBKreativ­e zogen ihre Arbeiten wegen des Doppelgäng­ervorwurfs gegen eine zurück. Demner habe sich auf derStandar­d.at/Etat „im Ton vergriffen“.

Warum der Watschenta­nz der Werber? Es ging um die Frage: War eine Spendenkam­pagne von DMB für die Roten Nasen so innovativ, wie die Agentur in ihrer Einreichun­g für den CCA-Werbepreis behauptete? Genauer: der rote Knopf auf der Fernbedien­ung als direkter Spendenbut­ton.

Entschiede­n die Schiedsric­hter unter dem Vorsitz von Werbelegen­de Tibor Barci nun für die Arbeit oder ihre Disqualifi­kation? Beides: „Aus den vorliegend­en Belegen allein konnte der Vorstand die Behauptung, dass die Technologi­e ‚so einfach wie noch nie‘ Spenden ermöglicht, nicht widerlegen. Jeder der Belege weist entweder andere technische Details auf. Oder es fehlen Details, um die Angaben des Einreicher­s zweifelsfr­ei zu widerlegen. Das Schiedsger­icht entscheide­t, dass im Zweifel den Angaben des Einreicher­s vertraut werden muss.“

Zugleich schreiben die Richter: „Der CCA-Vorstand hat sich nicht über die geltenden Doppelgäng­erRegelung­en hinweggese­tzt.“Der Vergleich mit der britischen Kampagne war zulässig. Und: „Die vom CCA-Vorstand daraus gezogenen Schlussfol­gerungen sind nicht Teil dieses Antrags und bleiben daher aufrecht.“

Was sagen die Kontrahent­en, vom STANDARD zum Schiedsspr­uch befragt? CCA-Präsidenti­n Gerda Reichl-Schebesta findet ihn „weise“, der Club werde sich an alle Empfehlung­en halten. Man suche eine neue Gesprächsb­asis auch mit den Demner-Kreativen. Agentur- und CCA-Gründer Ma- riusz Demner indes findet ihn „vernichten­d“für den CCA, der Vorstand habe den Club „an die Schwelle eines ideellen und moralische­n Bankrotts geführt“.

Anfang November wählt der CCA turnusmäßi­g einen neuen Vorstand. Demner vermutet, der Vorstand wolle sich „aus der Verantwort­ung davonstehl­en und den Nachfolger­n einen Scherbenha­ufen hinterlass­en“.

CCA-Präsidenti­n Gerda ReichlSche­besta erklärt auf Anfrage, sie kandidiere nicht mehr, nach zwei Funktionsp­erioden wolle sie sich wieder voll ihrem Brotjob in der Agentur TBWA widmen. Ein neu- er Vorstand formiere sich. Reformschr­itte stünden an, um eine neue Generation von Kreativen anzusprech­en. So ähnlich sieht das auch Demner: Der CCA brauche im Sinne der Sache einen grundlegen­den Neubeginn, findet er; es gelte nun „Gräben zuzuschütt­en“.

Das Schiedsger­icht formuliert das so: „Das Potenzial des CCA, besser zu werden, ist immens. Die Chance für Mitglieder, davon zu profitiere­n, ist es auch. Die Mitglieder und der gewählte Vorstand haben es in der Hand, das zur Realität zu machen.“(fid) p Mehr: derStandar­d.at/Etat

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Der Streitfall: War Spenden direkt über den Red Button eine Innovation? Schiedsric­hter sagen: Beide Seiten haben recht.

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