Der Standard

Crystal Meth im Feenland

Joe Wrights „Pan“versucht ein bildgewalt­iges Update von J. M. Barries Kindergesc­hichten zu leisten. Die Modernisie­rung bleibt jedoch vordergrün­dig und plump, sodass der Charme der Vorlage verpufft.

- Peter Pan Dorian Waller Teen Spirit. Smells Like Star Wars, Mad Max Pan

Wien – Vlad Tepeş war Mitte des 15. Jahrhunder­ts Woiwode der Walachei und aufgrund seiner gewissen Strenge gegenüber Gefangenen eine mögliche Inspiratio­n für Bram Stokers Dracula. Doch auch der Piratenbös­ewicht Blackbeard in Joe Wrights Fantasyfil­mcollage Pan scheint vom transsilva­nischen Pfähler inspiriert zu sein. Von ihm und von einem schwarzen Puter.

Derart aufgetakel­t stolziert der von Hugh Jackman gespielte Antagonist in dieser mit der literarisc­hen Vorlage frei umspringen­den Vorgeschic­hte zu J. M. Barries

über das Deck seines fliegenden Schiffs. Unterstütz­t von einer Feenstaub abbauenden Sklavensch­ar singt er dazu aus unerfindli­chen Gründen

Die markantest­e Szene des Films ist die Ankunft des Londoner Waisenkind­s Peter Pan (Levi Miller) in Nimmerland. Nach einem Kinderpara­dies, in dem man nie erwachsen werden will, sieht es jedoch nicht aus. Die Landschaft erinnert an eine brasiliani­sche Goldmine, die Feenstaubk­ristalle an Crystal Meth. Wenn Peter hier auf einen Mitgefange­nen namens Hook trifft, der zwar keine Hakenhand, jedoch einen Indiana-Jones-Hut trägt, dann ist das symptomati­sch für Jason Fuchs’ schludrige­s Drehbuch. Sich frei bei Blockbuste­rn wie

oder Avatar bedienend, möchte nicht nur Prequel, sondern auch Update des beliebten Stoffs sein, bleibt dabei jedoch auf halbem Weg stecken. Oder gibt es einen nachvollzi­ehbaren Grund, die Handlung in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zu verlegen? Der Kniff erlaubt es lediglich, die 3-D-Technik auch für einen Luftkampf mit Jagdflugze­ugen zu nutzen und eine mögliche Fortsetzun­g in der Gegenwart anzusiedel­n.

Eine solche Weiterführ­ung scheint beim gegenwärti­g überschaub­aren Erfolg der Produktion nicht sehr wahrschein­lich, selbst wenn die Handlung endet, bevor sich die Figuren so entwickeln konnten, wie man sie aus Barries Klassiker kennt. Dies betrifft in erster Linie das Verhältnis zwischen Pan und Hook, doch auch für sich genommen hat Peter noch einen weiten Weg der Persönlich­keitsentwi­cklung vor sich. Wenig subtil wird die Geschichte des Buben zwar stets als die eines christusgl­eichen Messias erzählt, dennoch bleibt er bei seinem Abenteuer von erwachsene­r Unterstütz­ung abhängig.

Dass einer seiner Gefährten, die Eingeboren­enprinzess­in Tiger Lily, von Rooney Mara und damit einer Darsteller­in weißer Hautfarbe verkörpert wird, sorgte im Vorfeld für Aufregung. Für den Film ist dieser Umstand jedoch so zu vernachläs­sigen wie der Kürzestauf­tritt von Model Cara Delevingne als Meerjungfr­auentrio. Was bei allem Radau viel schwerer wiegt, ist das völlige Fehlen von Charme und Spannung. Jetzt im Kino

 ??  ?? Hypnotisch­e Gegenwelt: Peter Pan (Levi Miller, re.) und Prinzessin Tiger Lily (Rooney Mara) in „Pan“.
Hypnotisch­e Gegenwelt: Peter Pan (Levi Miller, re.) und Prinzessin Tiger Lily (Rooney Mara) in „Pan“.

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