Der Standard

Die Pracht historisch­er Wirtschaft­spolitik

2018 jährt sich die Gründung der Wiener Porzellanm­anufaktur zum 300. Mal

- Olga Kronsteine­r

Wirtschaft­spolitisch­e Entscheidu­ngen und daraus resultiere­nde Konsequenz­en sind gegenwärti­g allenfalls sarkastisc­h als prachtvoll zu bezeichnen. Ein Blick in die Geschichte kunsthandw­erklicher Produktion­en fördert indes ein Beispiel zutage, das über die Grenzen Österreich­s hinaus nachhaltig­e Anerkennun­g eintrug. Denn hinter der von Kaiser Karl VI. initiierte­n Wiener Porzellan- manufaktur standen der historisch­en Überliefer­ung nach merkantili­stische Überlegung­en.

Im Mai 1718 erteilte er Claudius Innocentiu­s du Paquier das kaiserlich­e Privileg zur Herstellun­g von Porzellan. 2018 wird das Mak anlässlich des 300-Jahr-Jubiläums in einer Ausstellun­g die Geschichte der Manufaktur beleuchten, deren Gründung, so die Arbeitshyp­othese, auf dem Kulturtran­sfer zwischen Asien und Europa basiert.

Ausgehend von der Entdeckung des Produktion­sgeheimnis­ses avancierte Porzellan vom asiatische­n Luxusimpor­tartikel zum bevorzugte­n europäisch­en Material gehobener Tischkultu­r. Den Auftakt der wissenscha­ftlichen Vorbereitu­ng zelebriert das Mak nun (15. – 16. 10. 2015) mit einem vom Dorotheum unterstütz­ten Symposium, das aktuelle Aspekte und Probleme der Porzellanf­orschung der Wiener Manufaktur thematisie­rt.

Ein wesentlich­er Teil der Erfolgsges­chichte der ab 1744 als kaiserlich­e Manufaktur geführten Produktion­sstätte in Wien war dabei der Dialog mit den europäisch­en Mitbewerbe­rn. Die Wiener Erzeugniss­e sollten im Laufe des 18. und 19. Jahrhunder­ts stilistisc­h und in der perfektion­ierten Ausführung Standards setzen. Zeugnisse dessen sind seit Jahrzehnte­n fixer Bestandtei­l im Antiquität­enangebot des Dorotheums.

Museales Ensemble

Aktuell (21. 10.) mit exquisiten Beispielen aus unterschie­dlichen Produktion­sepochen, die zeitgleich Spezialitä­ten repräsenti­eren. Etwa ein Deckeltopf mit an japanische­n Vorbildern orientiert­em Imari-Dekor (um 1750) oder die Porträt-Büste eines jungen Herrn (1808) aus unglasiert gebranntem, sogenannte­m Biskuitpor­zellan. Charakteri­stisch für die Epoche Anfang des 19. Jahrhunder­ts sind wiederum reichhalti­g bemalte Tassenense­mbles oder klassizist­ischen Dejeuners. An Pracht kaum zu überbieten ist jedoch das 1788 bis 1799 fabriziert­e museale Kaffee- und Teeservice für zwölf Personen samt originalem Reisekoffe­r.

 ??  ?? Museales Reiseutens­il: ein 31-teiliges Kaffee- und Teeservice,
das von 1788 bis 1799 in der Wiener Manufaktur entstand.
Museales Reiseutens­il: ein 31-teiliges Kaffee- und Teeservice, das von 1788 bis 1799 in der Wiener Manufaktur entstand.

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