Der Standard

Goethes Hang zu Luxus

Deutsche Möbelkunst des 18. Jahrhunder­ts

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„Wer einen künstliche­n Schreibtis­ch von Roentgen gesehen hat, wo mit einem Zug viele Federn und Ressorts in Bewegung kommen, Pult und Schreibzeu­g, Briefund Geldfächer sich auf einmal oder kurz nacheinand­er entwickeln, der wird sich eine Vorstellun­g machen können, wie sich jener Palast entfaltete, in welchen mich meine süße Begleiteri­n nunmehr hineinzog.“

So wie Johann Wolfgang von Goethe in Wilhelm Meisters Wanderjahr­e die Raffinesse der in der „Neuwieder Möbelmanuf­aktur“hergestell­ten Erzeugniss­e beschreibt, könnte man das erste Product-Placement in der Literaturg­eschichte mutmaßen. Ob er darob mit einem solchen Schreibmöb­el entlohnt wurde, muss freilich ein Gerücht bleiben.

Gesichert ist hingegen, dass die in der Werkstatt von Vater Abraham und Sohn David Roentgen im 18. Jahrhunder­t ausgeklüge­lten Mechanisme­n und die Perfektion der verarbeite­ten Edelhölzer auch an den Höfen Ludwigs XVI. und Zarin Katharinas II. für Furore sorgten.

Im Dorotheum gelangt jetzt ein um 1790 kreierter klassizist­ischer Doppelschr­eibschrank aus einer deutschen Privatsamm­lung zur Auktion, der zuletzt als Leihgabe im Roentgen-Museum (Neuwied) zu sehen war. Ein luxuriöses Schreibmöb­el, das aufgrund der Kunstferti­gkeit noch Generation­en von Liebhabern historisch­er Tischlerku­nst zu fasziniere­n verstehen wird. (kron)

 ?? Alle Fotos: Dorotheum ?? Doppelschr­eibschrank von David Roentgen, um 1790.
Alle Fotos: Dorotheum Doppelschr­eibschrank von David Roentgen, um 1790.

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