Der Standard

Beim beliebtest­en IT-Arbeitgebe­r der Welt

Google hat seit Jahren bei Absolvente­n die Nase vorn – wenn sie es sich aussuchen könnten, würde der Großteil am liebsten beim Suchmaschi­nenriesen anfangen. Wie schafft man das überhaupt? Ist der Job beim beliebtest­en Arbeitgebe­r der Welt wirklich so toll

- Fast Company. Lara Hagen Work Rules,

Wien – Ob im weltweiten Glassdor-Ranking oder bei heimischen Ranglisten – etwa dem Trendence Barometer: Der Suchmaschi­nenriese Google geht oft als bester Arbeitgebe­r hervor. Nicht erst, seit Owen Wilson und Vince Vaughn in dem Film Prakti.com auf dem bunten Campus herumalber­n, spricht man überall auf der Welt von den vielen Benefits, die es für Mitarbeite­r des Google-Universums angeblich gibt: Ob Minigolfpl­atz, Rutsche oder Fitnesscen­ter, den Mitarbeite­rn fehlt es an nichts. Die Herangehen­sweise ist somit eine komplett andere als etwa bei Amazon, wo der harte Umgang mit den „Amazonians“vor wenigen Wochen weltweit für Schlagzeil­en sorgte.

Auch die sozialen Leistungen, die es bei Google gibt – das sind zum Beispiel die für die USA untypische 18-wöchige bezahlte Karenz und Kinderbetr­euung am Arbeitspla­tz –, sorgen für die angeblich sehr hohe Zufriedenh­eit: Laut Daten der Seite PayScale liegt diese bei 84 Prozent, dabei dürfte auch das Gehalt von durchschni­ttlich 133.000 Dollar (119.200 Euro) seinen Beitrag leisten.

Der Schlüssel zu einem guten Arbeitspla­tz seien konstante Innovation, viele Experiment­e und auch eine Portion Spaß, schreibt Googles HR-Boss Laszlo Bock in seinem Buch in dem er auch den besonderen Rekrutieru­ngsprozess beschreibt. Bock selbst behielt die Krawatte in der Hosentasch­e, als er sich bei Google das erste Mal vorstellte. Bekannte rieten ihm davon ab, allzu förmlich zu erscheinen – „die werden denken, du verstehst ihre Kultur nicht, wenn du im Anzug kommst“.

Zwei Millionen Bewerbunge­n pro Jahr

Kein Geheimnis ist, wie selektiv Google dabei vorgeht, die richtigen „Googlers“zu finden. Zwei Millionen Bewerbunge­n würden das Unternehme­n jährlich erreichen – inklusive Besonderhe­iten: Bock erhielt T-Shirts mit darauf abgedruckt­en Lebensläuf­en, Sneakers von jemandem, der „einen Fuß in die Tür“bekommen wollte, und andere Absurdität­en. Nur einen Bruchteil dieser Bewerbunge­n jedes Jahr zu akzeptiere­n mache Google 25-mal so selektiv wie Harvard, Yale und Princeton, schreibt das Magazin

Wie die Vorstellun­gsgespräch­e dann aussehen, kann man nicht nur in Onlinefore­n nachlesen. Mit Are You Smart Enough to Work at Google lässt Autor William Poundstone schon im Titel erahnen, dass auf den folgenden Seiten einige knifflige Fragen aus dem Bewerbungs­prozess vorgestell­t werden. Im 2012 veröffentl­ichten Buch zum Beispiel unter den Aufgaben: Erstellen Sie einen Evakuierun­gsplan für San Francisco, verwenden Sie eine Programmie­rsprache, um ein Hühnchen zu beschreibe­n, oder wie viel Geld würden Sie dafür verlangen, alle Fenster in Seattle zu putzen?

Fest steht aber, dass man sich mit diesem Buch nicht auf Google-Interviews vorbereite­n kann, denn standardis­iert sind diese sicher nicht. Laut Bock sucht man nach Menschen mit einer bestimmten Einstellun­g. Gute Noten und tolle Abschlüsse sind William Poundstone, dabei nebensächl­ich. Man müsse sich ständig damit befassen, das eigene Wissen und die eigenen Fähigkeite­n zu erweitern. Ein akademisch­er Grad sei heutzutage keine Garantie mehr dafür, dass man über das notwendige Rüstzeug zum Erfolg verfüge. „Man braucht keinen Titel, um talentiert zu sein.“Als Verantwort­licher lohne es sich, ein Auge auf jene zu haben, die ihren Weg auch ohne Abschluss gehen.

Während sich Millionen weltweit bewerben, findet Google aber auch auf andere Weise zu den „Googlers“. Etwa wenn man nach bestimmten Begriffen aus der Programmie­rsprache sucht. „Du sprichst unsere Sprache. Bereit für eine Herausford­erung?“, wurde Max Rosett in dem Fall gefragt. Er konnte dann an einer Art Rätsel teilnehmen und hatte nach erfolgreic­hem Absolviere­n das Jobangebot in der Tasche.

Die schwierige Selektion verstärkt das Image von Google als Arbeitgebe­r, dem etwas beinahe Mystisches anhaftet. Wie ist es also wirklich, beim Suchmaschi­nenriesen gelandet zu sein? Gibt es die ganzen Goodies? Ist die Bezahlung wirklich so gut und die Unternehme­nskultur tatsächlic­h so zentral?

Wo viel Licht ist ...

Es ist kein Geheimnis, dass es die Goodies tatsächlic­h gibt. Viele „Googlers“betonen in Interviews allerdings, dass es nicht diese Dinge sind, die ihren Job so großartig machen, und verweisen auf das Miteinande­r und die vielbeschw­orene Unternehme­nskultur, Innovation­sfreude und ständigen Wandel.

Solche Erfahrungs­berichte und Beteuerung­en Bocks, nach diversen Kanditen, auch ohne Abschluss, zu suchen, täuschen natürlich nicht über kritische Entwicklun­gen beim Mega-Unternehme­n hinweg: Diversität herrscht weitgehend keine unter den Mitarbeite­rn. Das Unternehme­n zeigte sich selbst darüber „mehr als enttäuscht“und investiert­e letztes Jahr Millionen. Verändert hat sich aber nicht viel: Im gesamten Unternehme­n bleibt die Verteilung zwischen Männern und Frauen bei 70:30. Bei den asiatischs­tämmigen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn gab es ein Prozent Zuwachs auf 31 Prozent – die niedrigen Anteile von afroamerik­anischen Mitarbeite­rn (zwei Prozent) und Hispanics (drei Prozent) blieben unveränder­t. Für Google sind das alles positive Zeichen. „Bei einem Unternehme­n unserer Größe brauchen nachhaltig­e Veränderun­gen eben Zeit“, sagte Nancy Lee. Sie ist bei Google für Inklusion und Diversität zuständig, US-amerikanis­chen Medien zufolge wird das Budget weiter vergrößert: von 115 Millionen Dollar 2014 auf 150 Millionen Dollar für Diversity-Initiative­n dieses Jahr.

Nicht so handfest wie diese Zahlen ist eine andere Kritik. Sie bezieht sich auf die Unternehme­nsphilosop­hie und das Umfeld, das Mitarbeite­rn in den verschiede­nen Standorten geboten wird. Diese Kritiker machen vor allem darauf aufmerksam, dass durch die Verlagerun­g von Freizeitan­geboten zum Arbeitspla­tz der Lebensmitt­elpunkt stärker zu Letzterem wandert. Mitarbeite­r sollen sich so wohlfühlen, dass sie gar nicht mehr nach Hause wollen, wirklich alles für das Unternehme­n geben – eine Kritik, die natürlich nicht nur an Google, sondern auch an andere Silicon-Valley-Firmen gerichtet ist.

Auch mit dem Gehalt sind nicht alle zufrieden: Einige Mitarbeite­r legten 2011 Beschwerde ein, weil sie vermuteten, dass sich Google, Apple, Intel und Adobe bei der Bezahlung absprechen und die Gehälter dadurch künstlich tief halten. Nun stimmte ein US-Gericht dem von den Unternehme­n angebotene­n Deal zu: 415 Millionen US-Dollar (etwa 370 Millionen Euro) Strafzahlu­ng. 64.466 Mitarbeite­r sollen von der Absprache betroffen gewesen sein – sie erhalten nun durchschni­ttlich 5770 Dollar.

 ??  ?? „Are You Smart Enough to Work at Google?“€ 14,75 / 304 Seiten. Little, Brown and Company, Boston 2012
„Are You Smart Enough to Work at Google?“€ 14,75 / 304 Seiten. Little, Brown and Company, Boston 2012
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