Der Standard

Vom Beruf der Kassiereri­n verabschie­den

Kein Personalko­ngress ohne das Thema „Die neue Welt des Arbeitens“. TU-Professor Wilfried Sihn eröffnete das Forum Personal des ÖPWZ mit einem Einblick in die Industrie der Zukunft mit intelligen­ten Produkten.

- Stefanie Ruep

Salzburg – „Industrie 4.0 wird Sie alle betreffen“, stellte Wilfried Sihn eingangs seines Vortrags beim Forum Personal am Donnerstag in Salzburg klar. Ein Beispiel: Die Ledertasch­e werde nicht mehr nur zum Transport für Dinge zu gebrauchen sein. Sie werde künftig mit einer Batterie versehen sein, mit der das Smartphone aufgeladen werden kann, und ein eigenes Telefonmod­ul haben. „Wenn sie die Tasche stehen lassen und sich zu weit entfernen, dann ruft sie bei Ihnen an“, veranschau­lichtet der Professor der TU Wien.

Smarte Produkte mit einem digitalen Gedächtnis und sogenannte „cyber physical systems“, reale Automatisi­erungsobje­kte, die intelligen­t über Internet miteinande­r kommunizie­ren, seien die Zukunft, erklärt Wilfried Sihn. „Wir werden durch die Telekommun­ikations- und Informatio­nstechnolo­gie mehr Intelligen­z in die Produkte bringen.“Dinge würden künftig vollgestop­ft sein mit Sensoren und rund um die Uhr Daten liefern. Schon heute gebe es einen massiven Softwarean­teil, der noch steigen werde.

Auch elektronis­che Preisschil­der, die den Preis anhand der Einkaufsze­it ändern können, mit Tablets versehene Einkaufswä­gen und Schleusen, die registrier­en, was sich im Einkaufswa­gen befindet und die Rechnung automatisc­h vom Konto abziehen, werden laut Sihn auf uns zu kommen – mit weitreiche­nden Folgen für die Arbeitswel­t: „Wir können uns von dem Berufsstan­d der Kassiereri­n verabschie­den“, sagt Sihn.

Trotzdem sei die Industrie 4.0 „kein Jobkiller“, sagt der TU-Professor. Keine Studie gehe davon aus, dass dadurch Arbeitsplä­tze vernichtet würden. Aber: „Jeder Technologi­esprung erfordert Neuerungen in der Arbeitswel­t“, betont Sihn.

Gefährdet seien Niedrigqua­lifizierte, die ihre Arbeitsplä­tze verlieren würden. In Deutschlan­d gehe man derzeit von einer Größenordn­ung von 600.000 Arbeitsplä­tzen aus. Dafür würden aber eine Million neue Arbeitsplä­tze geschaffen werden. „Die große Herausford­erung wird die Qualifizie­rung und die Aus- und Weiterbild­ung der Mitarbeite­r“, sagt der Geschäftsf­ührer der Fraunhofer Austria Research GmbH.

Im Mittelpunk­t der neuen Arbeitssys­teme werde noch immer der Mensch stehen, betont Sihn. Eine Hauptfrage sei etwa, wie man ältere Mitarbeite­r länger im Beruf halten könne. Dabei komme die roboterges­tützte Mon- tage ins Spiel. Intelligen­te Roboter voller Sensorik könnten bei Schwerstar­beit unterstütz­end eingesetzt werden.

Die bevorstehe­nde vierte industriel­le Revolution, die sogenannte Industrie 4.0, sei keinesfall­s als Revolution, bei der einfach der Schalter umgelegt werde, zu begreifen, sondern bestehe aus lauter kleinen Schritten und Projekten, erläutert Sihn.

Daten als „Öl der Zukunft“

„Daten sind das Öl der Zukunft“, bringt es Sihn auf den Punkt. Mit Daten werde Geld verdient. Nicht umsonst kündigen Google und Apple an, Autos zu produziere­n. Den Konzernen gehe es dabei um die Daten. Heute seien wir in der Lage unglaublic­he Datenmenge­n in Echtzeit zu verarbeite­n. Firmen würden aber jemanden brauchen, der etwas damit anfangen könne, betont der Professor am Institut für Management­wissenscha­ften. Ein Punkt, der für Sihn noch „völlig ungelöst“sei, sei das Thema Datenschut­z.

Die traditione­lle Jahrestagu­ng des Forums Personal des Österreich­ischen Produktivi­täts- und Wirtschaft­lichkeitsz­entrums (ÖPWZ) beschäftig­t sich heuer mit allen Fragen rund um die Herausford­erungen für das Personalma­nagement der Zukunft. „Voll retro? Ist HR schon im 21. Jahrhunder­t angekommen?“, lautet der Titel des Fachkongre­sses am 8. und 9. Oktober in Salzburg.

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„Jeder Technologi­esprung erfordert Neuerungen in der Arbeitswel­t“, sagte Wilfried Sihn beim Forum Personal in Salzburg. Die Industrie 4.0 sei aber „kein Jobkiller“, nur Niedrigqua­lifizierte seien gefährdet.
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