Die Gesellschaft lehrt die Lehrer
Was zukunftsorientierte Fortbildung benötigt und was sie leisten soll
Schulbeginn für 5000 Flüchtlingskinder in Österreich: Es sind Kinder, die möglicherweise den Kopf voller grausamer Bilder von Gewalt und Leid haben, die nicht die Sprache des Landes sprechen oder auch in einer anderen Schrift schreiben, die sich fremd fühlen. In einer neuen Wirklichkeit sollen sie zur Schule gehen.
Gesellschaftlicher Wandel verlangt eine Lehrerfortbildung, die ständig die damit einhergehenden Veränderungen in den Bildungsanforderungen im Auge hat. Blickt Fortbildung in die Zukunft, löst diese permanent Entwicklungsimpulse aus. Die zunehmende Heterogenität in Schule und Unterricht bietet ein aktuelles Beispiel.
Zukunftsorientierte Fortbildung bedingt inhaltliche Aktualität: Es braucht die Festlegung beruflicher Standards für Pädagogen, die immer wieder auf Basis von Veränderungen neu auszudifferenzieren sind. Beispielsweise gewinnt die Kompetenz „Diversität nutzen“durch die Einschulung der Flüchtlingskinder an Komple- Wandel und Fortbildung xität, etwa mit den vielfältigsten Anforderungen an das Erkennen von Potenzialen und deren Förderung. Zudem verlangt der bestmögliche wechselseitige Bezug von Wissenschaft und Praxis einen permanenten konstruktiven Diskurs. Wird etwa von Wissenschaftern Sprachförderung integrativ in „Regelklassen“gefordert, zeigt die Praxis, dass in der aktuellen Situation auch vorübergehend getrennte Vorbereitung in „offenen Sprachklassen“sinnvoll ist. Der Fortbildungsinhalt „Wie gelingt das Erlernen der Zweitsprache?“bedarf somit 5. Teil eines ständigen Austauschs zwischen theoretischen Erkenntnissen und praktischen Erfordernissen.
Zukunftsorientierte Fortbildung bedingt wirksame Strukturen: Anspruch von Fortbildung muss sein, dass die gemachten Erfahrungen in die Schule hineinwirken. Aber: Teilnehmer würden nicht unbedingt umsetzen, was sie in Veranstaltungen „gelernt“hätten, sagen Forschungen. Da drängt sich natürlich die Frage auf, wie eine Fortbildung sein muss, die die Umsetzung von Wis- sen in Handeln gewährleistet. Ein Schlüssel für die Türe zur nachhaltigen Wirksamkeit ist das Team, vor allem dann, wenn es sich als professionell lernende Gemeinschaft versteht.
Zum Beispiel: Ein Lehrerkollegium setzt sich vor dem Hintergrund zunehmender multikultureller Zusammensetzung der Schülergruppen das Ziel, gemeinsam den Unterricht im Sinne einer „Schule für alle“zu entwickeln. Es wird dabei über einen längeren Zeitraum mit prozessbezogener Beratung und mit schulinternen fachlichen Angeboten begleitet. Im Team Lösungen zu erarbeiten, sich immer wieder gemeinsam im Feld und am Fall zu versuchen und zu reflektieren sind entscheidende Elemente im Gelingensprozess von Fortbildung.
Die Zukunft der Fortbildung wird damit sehr stark in Zusammenhang mit Schulentwicklung gesehen. Das versperrt aber nicht die Türe zu individuellen Professionalisierungsangeboten, sondern der Weg muss ein bestmöglich verschränktes Sowohlals-auch sein.
GERTRUD NACHBAUR ist Institutsleiterin für Fortbildung an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich.