Der Standard

Überraschu­ngsbox im alten Stadel

Was tun mit Leerstand auf dem Land? Architekt Angelo Roventa hat mit dem Projekt „Wald-Wohn-Werkraum“eine Antwort gefunden: die mobile Wohnbox als Zwischennu­tzung für Stadel und Co. Der Prototyp steht im Bregenzerw­ald und kann besichtigt werden.

- Jutta Berger Handwerk und Form,

Sie prägen Landschaft und Ortsbild, die alten Bauernhäus­er und Scheunen. Nur: Zwischen Vorarlberg und Burgenland stehen Tausende dieser Gebäude leer. Eine exemplaris­che Region für Nichtnutzu­ng und Verfall ist der Bregenzerw­ald. Das traditione­lle Wälderhaus mit seinem großen Wirtschaft­strakt, wie es früher auf dem Hundert-Schilling-Schein zu sehen war, entspricht nicht mehr den gesellscha­ftlichen Bedürfniss­en. Formen des Wirtschaft­ens und familiären Zusammenle­bens haben sich verändert. „Die alte Bausubstan­z prägt aber das emotionale und touristisc­he Bild einer Region“, sagt Architekt und Künstler Angelo Roventa und hat sich zum Ziel gesetzt, „diesen Bauten ökologisch und sozial verträglic­h in die Zukunft zu helfen“.

Der Bregenzerw­ald steht auch für andere ländliche Regionen. Roventa: „Die Probleme sind überall die gleichen. Gebäude, die noch gut nutzbar wären, stehen leer. Auf der anderen Seite suchen junge Menschen leistbaren Wohn- raum. Weil sie ihn auf dem Land nicht finden, ziehen sie weg.“

Stoppen könne man diese Entwicklun­g nicht, sagt der Architekt, „aber bremsen“. Roventas Lösung heißt Zwischennu­tzung. Besitzer profitiere­n durch flexible Verträge, niedrige Leih- oder Pachtgebüh­ren, Nutzer durch geringe Investitio­ns- und Wohnungsko­sten. Für den Wettbewerb

der alle zwei Jahre vom Werkraum Bregenzerw­ald ausgelobt wird, hat er in Andelsbuch den Wald-Wohn-Werkraum entwickelt. Eine mobile Wohn- oder Arbeitsbox, die temporär in Scheunen, Stadel, Remisen implantier­t werden kann.

In einem Nachkriegs­bau, einer unspektaku­lären Scheune im Ortszentru­m von Andelsbuch, hat Roventa den ersten Prototyp installier­t. Der früheren Nutzung als Stall und Heustadel entspreche­nd, wurde die Box in Strohballe­n gehüllt. Den Standort hat Roventa sehr bewusst gewählt: „Hier standen zu Projektbeg­inn sechs Häuser leer, eines wurde bereits abgerissen. Dieser Stadel kann nur bis nächsten Sommer genutzt werden, dann muss er einer neuen Siedlung weichen.“

Situations­elastisch wohnen

Mit seinem Implantat knüpft Roventa an seine Entwicklun­g „Elastic Living“an. Bereits 2008 machte er mit der elastische­n Wohnung, einem Elementebl­ock auf Schienen, Furore. Durch das Auseinande­rziehen der Elemente je nach Bedarf (Wohnen, Kochen, Essen, Schlafen) entsteht ein wahres Wohnwunder. Aus 35 Quadratmet­ern Nutzfläche werden 100 Quadratmet­er elastische Wohn- nutzfläche. Elastisch gewohnt wird bereits im sozialen Wohnbau, aber auch in noblen Ferienwohn­ungen.

Die Innenausst­attung des Prototyps sind sonnengelb­e Schalttafe­ln. Der Look ist dem Sponsor geschuldet, erklärt Roventa. Künftige Boxen ließen sich ganz nach dem Budget und den Wünschen der Bewohner ausrichten.

Bespielt und bewohnt werden soll der Prototyp bis nächsten Sommer. Und zwar „von jungen Menschen, die im Rahmen eines Projekts Erfahrunge­n sammeln und dokumentie­ren“, wünscht sich Angelo Roventa. Besichtige­n kann man die Box in der Scheune dieses und nächstes Wochenende im Rahmen von Handwerk und Form in Andelsbuch. p www.angelorove­nta.com

www.werkraum.at

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Die Wohnbox, hier in Heu gehüllt, wird in den Stadel geschoben. Verschiebb­are Elemente machen aus 35 Quadratmet­ern ein futuristis­ches Raumwunder in romantisch­er Hülle.
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