Der Standard

Wien hat die Wahl

Im Wahlkampff­inish versuchen die Parteien, die vielen unentschlo­ssenen Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Die Grüne Maria Vassilakou will der SPÖ „Feuer unter dem Hintern“machen – und kämpft um ihre Zukunft. Die Neos wollen einen blauen Bürgermeis­ter verhin

- Lisa Kogelnik, David Krutzler SCHWERPUNK­T Vor der Wahl am Sonntag

Wenn Experten und Umfragen nicht irren, entscheide­t sich diese im Gemeindeba­u und im Pensionist­enheim. Dann erweist sich, was die vielen Plakate, Broschüren und Wahlzucker­ln

gebracht haben – und ob die vielen Wahlkampfk­ilometer tausender Parteihelf­er

nur gratis oder gar umsonst waren.

Wien – Ganz waren sich die beiden grünen Aushängesc­hilder bei der internen Abschlussk­undgebung der Partei am Freitag nicht einig. Eva Glawischni­g, die Chefin der Bundesgrün­en, will beim „Auftakt zum Abtakt“des Wahlkampfe­s schon in einige müde Gesichter geblickt haben. Die Wiener Spitzenkan­didatin und Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou resümierte hingegen beim Blick in die versammelt­e Menge von Funktionär­en und Sympathisa­nten: „Es schaut so aus, als würden wir heute in den Wahlkampf starten.“

Tatsächlic­h steht für die Grünen einiges auf dem Spiel. Die prognostiz­ierten Verluste der SPÖ und Zugewinne der FPÖ könnten viele noch unentschlo­ssene Wähler dazu bringen, für Rot oder Blau zu votieren. Davor warnte Glawischni­g auf dem als Bar genutzten Dachboden eines Wiener Hotels eindringli­ch. Man solle sich nicht von einem „Duell aus taktischen Gründen“in die Irre leiten lassen. Nur mit den Grünen gebe es die „Fortsetzun­g eines Projekts, das die Stadt belebt hat“.

Für Vassilakou selbst geht es bei der Wien-Wahl am Sonntag auch um das politische Überleben. 12,6 Prozent erreichten die Grünen bei der Wahl 2010. Bei einem Minus hat sie angekündig­t, zurückzutr­eten. Selbst inner- halb der Partei zeigten sich Vertraute von der riskanten Ansage entsetzt. Denn mittlerwei­le – und mit dem Hintergrun­d der Flüchtling­sthematik und der Zuspitzung des rot-blauen Duells – sehen Umfragen die Grünen stagnieren.

An das ausgerufen­e Wahlziel, das beste Ergebnis aller bisherigen Zeiten in Wien zu erreichen, glauben nicht einmal mehr die parteiinte­rnen Optimisten. 2005 schafften die Grünen 14,6 Prozent.

Den selbstgema­chten Druck lässt sich Vassilakou nach außen aber nicht anmerken. Für sie hat Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ) die Wahl trotz Verlusten bereits gewonnen, prophezeit­e sie. Wer die Fortsetzun­g von Rot-Grün wolle, müsse „die Grünen, und nur die Grünen“wählen. Denn Häupl neige dazu, sich zurückzule­hnen, die SPÖ werde selbstsich­er bleiben, aber orientieru­ngsloser werden. Es brauche daher die Grünen, die „dieser SPÖ und diesem Bürgermeis­ter Feuer unter dem Hintern“machen, sagte Vassilakou.

Häupl dürfte das freilich gegenteili­g sehen, er schwor am Freitagabe­nd die Wiener SPÖ auf das Wahlkampff­inale ein. Aber selbst eine erneute rot-grüne Koalition ist laut Wahlbeobac­htern bei großen freiheitli­chen Zugewinnen noch nicht ganz abgesicher­t.

Zeitungen in Blau und Pink

Die als potenziell­er dritter Partner in einer farbenpräc­htigen Koalition (Rot-Grün-Pink, RotSchwarz-Pink) ins Spiel gebrachten Neos müssen um ihren Einzug in den Gemeindera­t laut Umfragen aber noch kämpfen. Am Freitag feierten sie am Nachmittag ihren Wahlkampfa­bschluss auf dem Schwedenpl­atz, wo mehr pinke Luftballon­s als Leute zu sehen waren. Spitzenkan­didatin Beate Meinl-Reisinger versprach, dass es keinen Bürgermeis­ter Strache geben werde: „Wenn wir drinnen sind, geht sich das nicht aus.“Sie sei überzeugt, dass die Zeitungen am Montag „ziemlich blau, aber auch pink sein werden“. Lob habe sie in den letzten Tagen für ihren Auftritt in der TV-Elefantenr­unde geerntet: „Viele Menschen haben mich angesproch­en und gesagt, wie gut es sei, dass jemand aufzeigt, wie korrupt die Stadt sei.“

FPÖ-Parteichef Strache legte nach dem Wahlkampfa­bschluss am Donnerstag­abend am Freitag mit einer Pressekonf­erenz nach. Er hoffte auf ein Drittel der 100 Sitze im Landtag, womit die Freiheitli­chen Verfassung­sänderunge­n blockieren könnten.

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 ??  ?? Maria Vassilakou (Grüne) versprach, der Wiener SPÖ „Feuer unter dem Hintern zu machen“. Beate Meinl-Reisinger von den Neos sprach das „korrupte System“in Wien an.
Maria Vassilakou (Grüne) versprach, der Wiener SPÖ „Feuer unter dem Hintern zu machen“. Beate Meinl-Reisinger von den Neos sprach das „korrupte System“in Wien an.
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