Der Standard

Wels streicht Sozialleis­tungen für Nicht-EU-Bürger

Künftiger Stadtchef Rabl (FPÖ) fordert im Interview auch Hürden bei Grunderwer­b

- Markus Rohrhofer

Wien – Andreas Rabl, künftiger Bürgermeis­ter von Österreich­s achtgrößte­r Stadt Wels in Oberösterr­eich, will Ausländer kurzhalten: Er habe vor, alle freiwillig­en Sozialleis­tungen der Stadt Wels nur mehr an Österreich­er und EU-Bürger auszuzahle­n, kündigt der FPÖ-Politiker im Gespräch mit dem STANDARD an. Zuwanderer aus Drittstaat­en würden damit um finanziell­e Hilfen wie den Heizkosten­zuschuss, das Schülersta­rtgeld oder den Weihnachts­zuschuss umfallen.

Erst wenn jemand „integriert“sei, also etwa in fünf Jahren Aufenthalt­sdauer zumindest vier Jahre gearbeitet habe, solle es Zugang zu diesen Leistungen geben, erläutert Rabl. Einschränk­en will der designiert­e Stadtchef auch den Grunderwer­b durch NichtEU-Bürger. (red)

INTERVIEW: STANDARD: Sie streuen Ihrer Stadt keine Rosen: Wels sei „abgesandel­t“, ein „Drogen-Hotspot“und habe ein „Integratio­ns- und Sicherheit­sproblem“. Muss man da nicht Masochist sein, um erster Mann im Rathaus werden zu wollen? Rabl: Man braucht keinen Masochismu­s, sondern eine große Portion Gestaltung­skraft. Wels hat ein hohes Potenzial, welches bislang nicht genützt wurde. Der erste Schritt hin zu einer Trendwende ist, Probleme auch anzusprech­en.

STANDARD: Sie sind immerhin sechs Jahre im Stadtsenat gesessen und hätten die Möglichkei­t gehabt, Dinge zu verändern. Passiert ist wenig. Rabl: Stimmt doch gar nicht. Großes Beispiel ist die Maßnahme, dass man heute in Wels keine Wohnungen ohne Deutschken­ntnisse bekommt. STANDARD: Hat sich dadurch in den sogenannte­n „Problemvie­rteln“tatsächlic­h etwas gebessert? Rabl: Ja, es war ein guter Anfang. Dort sind zwar hunderte Wohnungen belegt. Und man kann ja Mieter, die laufende Verträge haben, nicht einfach aus den Wohnungen schmeißen, aber seither wurden keine Wohnungen mehr an Mieter mit mangelhaft­en Deutschken­ntnissen vergeben. Wenn 15 oder 20 neue Mieter kommen, wird sich die Struktur nicht sofort ändern.

STANDARD: Also hat die Maßnahme wenig gebracht, oder? Rabl: Es war ein Schritt in die richtige Richtung. Nach einem Jahr kann man sich aber keine Wunder erwarten. Für die ganz großen Würfe hat man uns nach der Wahl 2009 einfach zu wenige Bereiche zugesproch­en. STANDARD: Nun werden Sie Bürgermeis­ter. Wird der Weg zur Integratio­n weiter über Strafen führen? Rabl: 85 Prozent der Migranten in Wels sind gut integriert. 15 Prozent treten die Willkommen­skultur mit Füßen. Da kommt man mit Nächstenli­ebe nicht weiter. Diese Menschen wollen im abgeschlos­senen Bereich leben und bilden Parallelge­sellschaft­en. Ich bin nicht bereit, auf diese Menschen noch einen Schritt zuzugehen.

STANDARD: Heißt was konkret? Rabl: Da braucht es schärfere Maßnahmen, um diese Menschen zu bewegen, mit uns zu leben. Da hilft kein gutes Zureden mehr. Und die Gesetzesla­ge blendet Integratio­nsunwillig­e einfach aus. Es muss in diesen Fällen ein Sanktionsm­echanismus in Kraft treten.

STANDARD: Wie wird der Strafkatal­og unter Ihrer Führung aussehen? Rabl: Es wird keinen Strafkatal­og, sondern Anreizsyst­eme geben. Ich habe vor, dass alle freiwillig­en Sozialleis­tungen der Stadt Wels nur mehr Österreich­er und EU-Staatsbürg­er erhalten. Mit der Möglich- keit, dass jemand Zugang zu diesen Leistungen bekommt, wenn er integriert ist. Und ich will mit einer Grundverke­hrskommiss­ion den Grunderwer­b von Nicht-EUBürgern in Wels beschränke­n.

Wann ist man in Wels

STANDARD: integriert? Rabl: Das wird zu regeln sein. Beispielsw­eise ist man integriert, wenn man fünf Jahre hier ist und davon vier Jahre gearbeitet hat. Ein zweites Kriterium sind die Sprachkenn­tnisse. Ich plane, dass jene Kinder, die nicht ausreichen­d Deutsch sprechen, um dem Schulunter­richt zu folgen – in Wels übrigens 52 Prozent in den ersten Klassen –, per Sprachstan­dsfeststel­lung schon mit vier Jahren in den Kindergart­en kommen. Dort wollen wir Sprachgrup­pen einrichten. Sollten Eltern dies nicht annehmen, dann ist das Integratio­nsverweige­rung.

STANDARD: Und die Strafe folgt aufs Bürgermeis­terwort? Rabl: Wer eine Integratio­ns- und Sprachförd­erung nicht annimmt, einfach weil er nicht will, ist Integratio­nsverweige­rer und hat nicht den Anspruch, am Welser Sozialsyst­em teilzunehm­en. In diesem Fall ist die Schulstart­hilfe zu streichen.

Standard: Bei den schwarzen Schafen in den eigenen Reihen sind Sie nachsichti­ger: Den künftigen FPÖ-Gemeindera­t Ralph Schäfer, der 2009 nach einer Graffiti-Aktion („Märtyrer leben länger“samt Konterfei von Rudolf Hess) mit einer Diversion davongekom­men ist, haben Sie immer verteidigt. Rabl: Der Herr Schäfer war damals 17 Jahre alt, hat einen Fehler gemacht und für diese Dummheit Sozialleis­tungen erbringen müssen. Es muss eine Resozialis­ierungs-Möglichkei­t geben. Rechtsextr­emismus ist ein gesellscha­ftspolitis­ches, kein freiheitli­ches Problem. Wir als FPÖ haben uns immer entschiede­n vom Rechtsextr­emismus abgegrenzt. Und ganz klar: Ich habe es satt, als Nazi beschimpft zu werden.

Standard: Sie sind Kunstsamml­er und Nitsch-Fan. Schmerzen Sie Aussagen wie: „Nitsch ist bekannt für seine Machwerke, in denen er religiöse, ethische und moralische Werte pervertier­t“? Rabl: Nein. Kunstgesch­mäcker sind verschiede­n, und ich kaufe Kunst nicht nach der politische­n Einstellun­g des Künstlers, sondern ob sie mir gefällt.

Standard: Das Zitat stammt von FP-Chef Heinz-Christian Strache. Rabl: Okay. Es ist H.-C. Strache unbenommen, die politische Einstellun­g eines Künstlers zu kritisiere­n. Ein Rückschlus­s auf die Qualität der Kunstwerke ist daraus aber nicht ableitbar.

ANDREAS RABL (42) wurde 2009 FPÖStadtra­t. Seit 2013 ist der Rechtsanwa­lt Vizebürger­meister und ab 9. November erster FPÖ-Bürgermeis­ter von Wels.

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Foto: APA, Kerschbaum Andreas Rabl tritt mit mehr Strenge vor den Vorhang.

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