Viel Geld und wenig Inhalte im Schweizer Wahlfinale
Vor den Parlamentswahlen in der Schweiz am Sonntag standen eher einzelne Personen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Auch eine ungewöhnliche Kampagne gegen die Wahlkampffinanzierung der großen Parteien schaffte es in die Schlagzeilen.
Mit einer ungewöhnlichen Aktion hat der Schweizer WahlkampfEndspurt aufgewartet: Am Mittwoch, vier Tage vor der Wahl, belegte ein Protestinserat gegen die Wahlkampfmaschinerie der großen Parteien Titelseite und Seite zwei der meistgelesenen Schweizer Gratiszeitung 20 Minuten.
„Aufmerksamkeit kann man kaufen – unsere Stimmen nicht“, dazu in kleiner Schrift die Namen von rund 12.000 Unterstützern der Protestkampagne. „Wir Wähler wollen wissen, wer welche Partei wie finanziert“, sagt der Urheber der Aktion, der 26-jährige Donat Kaufmann. Mit Crowdfunding gelang es ihm genügend Geld zu sammeln, um es der rechtskonservativen und finanzkräftigen SVP gleichzutun, die zuvor bereits die zwei ersten Seiten von 20 Minuten gekauft hatte.
Teuerster Wahlkampf
„Diese Aktion gegen die inhaltsleere und intransparent finanzierte Form des Wahlkampfs tut der Schweizer Demokratie gut“, kommentierte der Berner Politologe Lukas Golder. In der Tat war der Wahlkampf 2015 der bisher teuerste, aber auch einer der inhaltsärmsten der letzten Zeit: Er erschöpfte sich weitgehend im Bemühen der Parteien, die eigenen Anhänger zu mobilisieren, indem man den Wahlgang zur „Richtungswahl“emporstilisierte. So- zialdemokraten und Grüne warnten vor einem Rückschlag bei Sozialpolitik und Energiewende, während die SVP mit dem Gang in die Opposition drohte, sollte das Parlament ihr nicht einen zweiten Sitz im Bundesrat zugestehen.
Zwar gibt es im Schweizer Parlament mit seinen zwei Kammern und den vielen Parteien je nach Sachfrage wechselnde Mehrheiten; doch ein Richtungsentscheid zwischen rechts und links ist von den Wahlen nicht zu erwarten. Denn eine von Demoskopen als möglich erachtete Verschiebung um wenige Prozent nach rechts würde wegen des komplizierten Schweizer Wahlmodus nicht zwingend eine Sitzverschiebung im Parlament bedeuten.
Zudem fehlte es im Wahlkampf – anders als bei einer Volksabstimmung – an einer klaren Themenstellung. Bei der Regelung der Zuwanderung und bei bilateralen Gesprächen mit der EU ist man von Brüssel abhängig. Asylpolitik eignete sich nicht als Thema, da die Schweiz von der aktuellen Flüchtlingsbewegung nur am Rande betroffen war und die Behörden die Lage im Vergleich gut im Griff haben. Wirtschaftlich hängt fast alles vom Frankenkurs ab, der durch die Nationalbank gesteuert wird. Und im Kampf gegen Steuerhinterziehung geben OECD und G20 Tempo und Richtung vor. Die Pensionsreform ist politisch breit abgestützt.
So konzentriert sich das Interesse auf Namen: Schafft der Chefredakteur der nationalkonservativen Weltwoche, Roger Köppel (SVP), die Wahl in den Nationalrat? Gelingt der Tochter von Altbundesrat Christoph Blocher, der Unternehmerin Magdalena Martullo (auch SVP), der Einzug?