Der Standard

Bulgarien untersucht tödlichen Schuss auf afghanisch­en Flüchtling

-

Sofia/Wien – Anfang des Monats hatte Boris Cheschirko­w noch gewarnt: „Wir sind sehr besorgt über die Art und Weise, wie die Grenzüberw­achung gehandhabt wird“, sagte der Sprecher des UN-Flüchtling­shilfswerk­s in Bulgarien im Gespräch mit dem Standard. Die rigide Haltung der bulgarisch­en Grenzpoliz­ei und die schwer zugänglich­en Bergwälder zwinge Flüchtling­e in die Hände skrupellos­er Schmuggler. Nun starb ein afghanisch­er Flüchtling nahe der türkisch-bulgarisch­en Grenze durch die Kugel eines Polizisten.

Eine Gruppe von 54 Flüchtling­en, zumeist junge Männer im Alter zwischen 20 und 30, hatten am späten Donnerstag­abend einen Alarm an der Grenzanlag­e ausgelöst und seien gestellt worden, erklärte der Generalsek­retär des Innenminis­teriums, Georgi Kostow. Bei der Personenko­ntrolle in der Nähe der Kleinstadt Sredez seien die Männer gewalttäti­g geworden, weshalb ein Beamter einen Warnschuss in die Luft abgegeben hätte. Der junge Afghane wurde dabei im Nacken getroffen und starb.

Wie ein Warnschuss in die Luft zum Querschläg­er werden konnte, erklärte Kostow nicht. Die Leiche des jungen Mannes wurde am Freitag gerichtsme­dizinisch untersucht. Die Flüchtling­sgruppe sollte bei Sredez von Schmuggler­n in Kleinbusse­n nach Sofia gebracht werden, hieß es.

Seit langem Gewaltvorw­ürfe

Bulgariens Premier Boiko Borissow verließ wegen des Vorfalls vorzeitig den EU-Gipfel in Brüssel. Die derzeit über die Türkei nach Europa ziehenden Flüchtling­e machen in der Regel einen Bogen um den EU-Staat Bulgarien und nehmen die leichtere Route über den Westbalkan. Bulgarisch­en Grenzpoliz­isten wurde in der Vergangenh­eit wiederholt Gewalt gegen Flüchtling­e vorgeworfe­n. Derzeit sind rund 2600 Asylbewerb­er registrier­t. 79 Flüchtling­e ohne Papiere wurden laut Innenminis­terium von Donnerstag bis Freitag aufgegriff­en. (mab)

Newspapers in German

Newspapers from Austria