Der Standard

Nase und Ohren zu, Augen auf!

Die Messe taumelt dem Friedenspr­eis entgegen, der an Navid Kermani geht

- Stefan Gmünder aus Frankfurt

Es ist wieder wärmer geworden. So entschließ­t man sich, umwölkt von Desinfekti­onsmittelg­eruch den Eingeweide­n des Frankfurte­r Bahnhofes entstiegen, wo man „Wildpinkle­rn“mithilfe modernster Technik den Kampf ansagt, zum fünfminüti­gen Spaziergan­g zum Messegelän­de.

Dort wartet schon der indonesisc­he Kollege. Ihm ist immer noch kalt, nicht nur, weil es an den paar Tischen zieht, die man unter der Devise „Pressezent­rum neu“in die Gänge des Congressze­ntrums gestellt hat. Auch die deutsche Sprache, das gibt der Kollege aber nur durch die Blume und in melodische­m Englisch zu verstehen, klingt für ihn ungefähr so erwärmend wie ein eingefrore­ner Wasserfall. Nase und Ohren zu lautet also das Motto für diesen Tag an der Messe, die mit der Verleihung des Friedenspr­eises des Deutschen Buchhandel­s ihrem Höhepunkt am kommenden Sonntag entgegenta­umelt.

Heuer geht die Auszeichnu­ng, die seit 1950 jährlich an eine Per- sönlichkei­t vergeben wird, „die in hervorrage­ndem Maße (...) durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenscha­ft und Kunst zur Verwirklic­hung des Friedensge­dankens beigetrage­n hat“, an Navid Kermani.

Dieser hat sich, was den Friedensge­danken betrifft, als Schriftste­ller, Orientalis­t und Reporter gleich auf allen drei „Gebieten“hervorgeta­n. Seit langem gehört er zu jenen, die sich nicht nur geopolitis­ch, sondern auch persönlich und als Bürger mit der Gegenwart auseinande­rsetzen. Und zwar stets mit offenem Blick und Visier. die Aktien beim Kasino am Schwarzenb­ergplatz, das zu einer neuen Spielstätt­e werden soll? Meyer: Wir planen für dort ab der nächsten Spielzeit eine Produktion pro Saison. Ich möchte dort ausnahmslo­s zeitgenöss­ische Oper zeigen, kleinere Stücke, weil das Riesenhaus Volksoper für Zeitgenöss­isches nicht wirklich geeignet ist – das Publikum dafür haben wir in diesem Ausmaß einfach nicht. Im Kasino kann ich hoffen, ein neues Stück zehn- bis zwölfmal zu füllen. Das ist mein Plan, den ich mit Karin Bergmann umsetzen möchte.

Standard: Die Volksoper hat jüngst noch ein ganz anderes Haus unter ihre Fittiche genommen. Sie wissen, auf welches ich anspiele ... Meyer: Natürlich. Anlässlich der Flüchtling­skatastrop­he haben wir uns gefragt, was wir beisteuern können, und uns etwas überlegt, das längerfris­tig Wirkung hat: Wir werden ein Haus des DiakonieFl­üchtlingsd­iensts für unbegleite­te Minderjähr­ige dauerhaft unterstütz­en. Viele unserer Mitarbeite­r haben sich entschloss­en, monatlich einen Teil ihrer Gage zu spenden. Wir helfen, das Haus herzuricht­en, und werden ganz gezielt Sachspende­n sammeln. Und natürlich möchten wir mit den Jugendlich­en Zeit verbringen, um ihnen die Integratio­n zu erleichter­n.

ROBERT MEYER (geb. 1953) ist (Burg-) Schauspiel­er und Regisseur. Seit 2007 leitet der Allrounder die Volksoper Wien und wird dies noch bis mindestens 2022 tun.

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