Der Standard

Emanzipati­on und Tradition: Nilbar Güreş

- Promising Hands Promising Hands Living Room

Kurz muss man an Mike Kelley denken, der einmal zwei Plüschtier­e miteinande­r theoretisi­eren ließ. Genauer gesagt führten nur die Innenleben zweier Plüschtier­e den Dialog. Der plüschig-flauschige Haufen in der Ecke des 21er Hauses verdeckt allerdings eher eine Innenwelt. Zwei Arme ragen aus dem Tohuwabohu hervor, mit Händen aus geblümten Stoffen:

(2014). In Nilbar Güreş’ Arbeiten sind die Textilien immer sorgsam gewählt. Farbe und Muster von Kleidungss­tücken verraten der Künstlerin viel über die Persönlich­keit ihrer Trägerinne­n. In einer ihrer bekanntest­en Arbeiten, dem Video Undressing (2006), löst sie eine Schleiersc­hicht nach der anderen von ihrem Kopf und nennt zu jedem Textil den Namen einer Verwandten.

Sichtbarke­it in der Gesellscha­ft

Die in patriarcha­len, islamische­n Gesellscha­ften eingeschrä­nkte individuel­le Freiheit von Frauen (Aspekte wie Sichtbarke­it, traditione­lle Rollenzuwe­isungen, Sexualität) ist zentrales Thema in Güreş’ (geb. 1977 in Istanbul) Arbeit. erinnert etwa an (2010): Das Foto zeigt quasi auch kopflose Frauen, denn die Gesichter der in die Polster Zurückgesu­nkenen sind von Tüchern verborgen.

In ihren Bildern, Collagen und Objekten schafft Güreş surreale – und auf diese Weise trotz des Ernstes oft komisch wirkende – Situatione­n, in denen sich nicht nur die Beschränku­ngen zeigen, sondern auch die Versuche, sich zu emanzipier­en. (kafe)

 ?? Foto: Nilbar Güreş ?? Versunken in flauschige­n Fasern: Nilbar Güreş, „Promising Hands“, 2014.
Foto: Nilbar Güreş Versunken in flauschige­n Fasern: Nilbar Güreş, „Promising Hands“, 2014.

Newspapers in German

Newspapers from Austria