Primär beflügelt sekundär
Privatkäufer bedienten sich in London am Messe- und Auktionsangebot
Zum Auftakt der Frieze Week lieferte die Metropole an der Themse dieser Tage eine durchaus beeindruckende Bilanz. Seit der VIP-Preview am Dienstag verzeichnen die Aussteller der namensgebenden Messe Verkäufe in stattlichem Umfang.
In allen Preisklassen wohlgemerkt und trotz der parallel von den Auktionshäusern abgehaltenen Sales. Denn auf diesem, dem wichtigsten Marktplatz des europäischen Kontinents, scheinen Primär- und Sekundärmarkt einander zu beflügeln.
White Cube (London) reichte Damien Hirsts Holbein (Artists Watercolours) betitelte Leinwand (2015) für 750.000 Pfund an einen amerikanischen Sammler weiter. Via Lisson Gallery (London) wanderte Ai Weiweis aus China importierte purpurfarbene (ca. 500.000 Euro) Richtung Mittleren Osten ab.
Top-zehn-Werte
Bei Thaddaeus Ropac (Paris/Salzburg) wechselten Kunstwerke im sechsstelligen Preisbereich den Besitzer, darunter Robert Longos Diptychon Untitled (Holy Tree / Cedar) für 650.000 Dollar. Donnerstagabend stockte er sein Warenlager im Zuge des Evening Sales bei Sotheby’s auf und sicherte sich ein Gemälde aus Georg Baselitz’ Ralf- Serie für 905.000 Pfund. Den höchsten Zuschlag der Sitzung (Umsatz 36,35 Mio. Pfund) erteilte Sotheby’s für Jean-Michel Basquiats Athlete (1982) bei 4,09 Millionen Pfund. Sämtliche der Top-zehnWerte wurden übrigens von Privatsammlern bewilligt, sechs davon waren US-amerikanischer Herkunft, drei europäischer.
Neuer Fontana-Rekord
Den vorläufigen Höchstwert der Woche verzeichnete man im Zuge des „Italian Sales“(40,39 Mio. Pfund): 15,94 Millionen Pfund oder umgerechnet 21,55 Millionen Euro für Lucio Fontanas Concetto spaziale, La fine di Dio (1963). Das markiert in der Auktionsbranche nicht nur den neuen Künstlerweltrekord, sondern auch den höchsten bislang für ein Werk der italienischen Post-War-Generation. (kron)
Verglichen mit anderen Städten im deutschsprachigen Raum finden in Wien mehr Kunstmessen statt als anderswo. Sieben sind es mittlerweile jährlich, zwei im Frühjahr und deren fünf im Herbst. Als ein Zeichen wirtschaftlichen Aufschwungs darf das allerdings nicht missverstanden werden. Die bei heimischen Formaten erzielten Umsätze stiegen, die Anzahl der Verkäufe jedoch nicht.
Vielmehr fand in den Segmenten des Sekundärmarktes eine Umverteilung statt. Das größte Stück vom lokalen Umsatzkuchen hält längst die lokale Auktionsbranche. Dazu trug sowohl die Internationalisierung des Angebotes, vor allem aber auch die wachsende Zahl privater Käufer bei. Also jene Klientengruppe, die einst nahezu ausschließlich von Kunsthändlern bedient wurde.
Kontakte zu neuen Käufern zu knüpfen, ist deshalb essenziell. Und nirgendwo kann man das effizienter tun als im Zuge einer Kunstmesse. Im Idealfall einer, die es durch ihr Konzept garantiert. Deshalb gewinnen Formate, die einen Schulterschluss von Primärund Sekundärmarkt zelebrieren, an Bedeutung, da Vertreter beider Märkte davon profitieren.
Sinnvolleres Modell
Genau genommen ist es das sinnvollere Modell, wie internationale Beispiele (u. a. Frieze, London) zeigen. Parallel muss es aber auch Events geben, die dem Publikum bestimmte Nischen in all ihrer bunten Vielfalt und professionellen Tiefe kredenzen. Schließlich dienen sie vielen Besuchern zunächst einmal als eine Quelle der Information und erst in weiterer Folge als Shoppingmeile.
Die Entwicklung der hiesigen Messeszene in den vergangenen zehn Jahren hinkt der internationalen hinterher. Ablesbar ist dies auch an der Qualität des Angebotes. Es mag für alle Gattungen von Kunst einen Markt geben, aber manchmal wünscht man sich doch Experten herbei. Veranstalter sind leider kein Regulativ, sie vermieten lediglich Präsentationsfläche. Was in den Kojen gezeigt wird, kümmert sie zu wenig.
Der Qualitätsanspruch ist hierzulande insofern unterschiedlich ausgeprägt. Die Crux: Es hängt von den Ausstellern ab. Jene Veranstalter, die international anerkannte Protagonisten für eine Teilnahme gewinnen können, sind automatisch im Leo. Auch solche, die die Auswahl einem Zulassungskomitee überantworten. Bei den anderen, nun ja.
Die vergangenen Sonntag zu Ende gegangene Viennafair (Reed Messe) hatte, wie andere Wiener Kunstmessen, Höhen und Tiefen. Dass Organisator Wolfgang Pelz sich nicht am Konzept der bislang unter dieser Marke abgehaltenen Messe orientieren würde, war klar. Daran hat er, bei aller Kritik, nie Zweifel gelassen. Wie im Frühjahr angekündigt, setzte er auf erwähnten Schulterschluss und ergänzte um das Segment „Viennafair Masters“.
Dass ihn Revierkämpfer nun eines Etikettenschwindels zeihen, ist grotesk. Es war die Entscheidung des ViennacontemporaryTeams, mit dem Standort (MarxHalle) auch den Namen zu wechseln, da die weitere Verwendung mit einer Lizenzgebühr verknüpft gewesen wäre. Und es war eine Entscheidung des Rechteinhabers Reed, diese Lizenz neu zu vergeben. Punkt.