Sich mit Flexibilität für die Zukunft wappnen
Um Herausforderungen zu bewältigen, benötigen pädagogische Hochschulen Freiheit
Dirk Baecker, einem Soziologen und scharfsinnigen Beobachter unserer Zeit, verdanken wir die pointierte Feststellung, dass Universitäten weniger Stätten der Forschung seien als Orte, an denen Menschen auf die Herausforderungen der kommenden, der „nächsten Gesellschaft“vorbereitet werden.
In diesem Sinne haben hierzulande auch die pädagogischen Hochschulen erkannt, dass ihnen als tertiären Bildungseinrichtungen nicht mehr die Aufgabe zukommt, ihre Studierenden mit fertigen Antworten zu versorgen – vielmehr sollten sie sie zur Formulierung immer neuer Fragen befähigen.
Da dieses Fitnessprogramm für Studierende zeitgemäße Rahmenbedingungen braucht, zielen aktuelle Reformprojekte auf die umfassende Erneuerung der hochschulischen Institutionen ab. Einerseits entwickeln die Hochschulen neue Curricula für die Ausbildung und neue Formate für die Fortbildung, andererseits streben sie auch danach, sich selbst zu ler- nenden Organisationen zu wandeln, das heißt: intern Lernfähigkeit zu institutionalisieren, um flexibel auf die Impulse und Anforderungen der kommenden, der „nächsten Gesellschaft“reagieren zu können.
Wollen die Hochschulen nämlich eine Vorbildfunktion für (angehende) Pädagoginnen und Pädagogen übernehmen, so sind sie gut beraten, statt auf scheinbare Sicherheiten der Vergangenheit zu schielen, einer zukunftsoffenen „Strategie der nächsten Schritte“zu folgen: Sie sollten Spontaneität kultivieren und in ihren internen Strukturen verankern, sie sollten Störungen zulassen, und sie sollten ihre Sehnsucht nach Stabilität zügeln. Gerade das mag im konservativen Kontext des Schulsystems (noch) schwerfallen, scheint aber unumgänglich für dessen Zukunftsfähigkeit zu sein.
Die hierfür erforderliche Transformation der pädagogischen Hochschulen erfordert allen bisher gemachten Erfahrungen nach jedoch deutlich weniger hierarchische und direktive Steuerung im Sinne ministerieller Top-down- Pädagogische Hochschulen
6. Teil Mechanik als vielmehr lose und flexible Kopplung autonomer Systeme „at the bottom“. Auch in diesem Punkt hat Dirk Baecker bereits gefordert, dass Hochschulpolitik in ihrer europäischen Dimension zunehmend daran gemessen werden sollte, wie viel Autonomie sie ihren tertiären Institutionen jeweils zuerkennt. Und diesbezüglich besteht in Österreich massiver Aufholbedarf.
Das traditionelle, zentralistische Steuerungsmodell der Bildungsbürokratie entpuppt sich angesichts gesellschaftlicher Entwicklungen endgültig als Schimäre, sodass an einer echten Autonomie der pädagogischen Hochschulen – nach Uni-Vorbild – kein Weg vorbeizuführen scheint. Zwar mag es dem Bundesministerium (noch) schwerfallen, die Zügel aus der Hand zu geben – doch zeigt der zweite Blick, dass die zentrale Lenkung schon heute nicht mehr funktioniert, weil Hochschulen als Systeme stets nach ihrer internen Eigenlogik auf Interventionen von außen bzw. „von oben“reagieren.
PAUL REINBACHER leitet die Koordinations- und Servicestelle für Qualitätsmanagement an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich.