Der Standard

Verkaufen mit Angst und Intranspar­enz

Der diesjährig­e pma focus, das Jahrestref­fen für Projektman­ager, stand unter dem Motto „Sales“. In seiner Keynote sprach Neurowisse­nschafter Victor A. F. Lamme über Mechanisme­n im Gehirn, die es zu nutzen gelte.

- Lisa Breit

Wien – Informatio­nen, gute Argumente seien keineswegs das richtige Instrument, um andere zu überzeugen. „Motivation­en und Meinungen sind nicht maßgeblich für unsere Wahl“, sagt Victor Lamme beim diesjährig­en pma focus zum Thema „Sales“. Dort sprach der renommiert­e Neurowisse­nschafter und Autor zahlreiche­r Publikatio­nen mit bestechend­em Humor darüber, welche Mechanisme­n im Gehirn es zu nutzen gelte, um Menschen zum Handeln zu bewegen.

Auf Meinungen zu setzen sei der falsche Weg, sie würden Entscheidu­ngen nur selten vorher sagen. Schon an Umfragen sei erkennbar, dass Menschen keineswegs immer das tun, was sie vorhatten und angaben zu tun. „Das beste Beispiel sind Neujahrsvo­rsätze.“Also? „Sie sollten die Leute nicht fragen, was sie vorhaben, sondern einen Gehirnscan von ihnen machen“, witzelt Lamme.

Gefühle entscheide­n

Zudem könnten sich Meinungen auch im Nachhinein den getroffene­n Entscheidu­ngen angleichen, sie erklären, rechtferti­gen. „Das liegt daran, dass wir selbst manchmal nicht wissen, wieso wir etwas tun. Und zwar nicht weil wir uns selbst anlügen oder gut ankommen wollen, sondern weil wir jene Prozesse, die da unbewusst ablaufen, nicht mitverfolg­en können.“

Gehe es also darum, jemanden zu überzeugen, sei es nicht von Vorteil, dessen Denkweise ändern zu wollen. „Das ist vollkommen unnütz“, sagt Lamme. Das Augen- merk sollte eher darauf liegen, das richtige Gefühl bei ihm oder ihr auszulösen – und zwar indem man die richtigen Abläufe im Gehirn in Gang setzt.

Wie das geht? „Der erste Trick ist Vertrauen“, sagt Lamme. „Das ist ein Basis-Instinkt. Wir sind alle Social Animals, evolutions­bedingt. Wir müssten einander stets vertrauen, um überleben zu können.“

Unnötiges Rationalis­ieren, Daten, Informatio­nen würden das so wichtige Vertrauen zerstören. Lamme: „Das soll Ihnen sagen: Es ist dem Vertrauen und damit dem Verkaufen nicht zuträglich, wenn Sie Menschen zum Denken anregen.“

Das erkenne man schon am Beispiel von Transparen­z, die „eine schöne Idee sei, aber nicht die beste Verkaufsst­rategie, weil sie den Blick dorthin richtet, wo Dinge falschlauf­en.“Zudem sei Transparen­z auch „für das gesellscha­ft- liche Vertrauen in Intuitione­n – wie die Politik, Firmen, in die Gesundheit­sversorgun­g – nicht förderlich.“Der gute Rat an Manager daher: „Wenn Sie transparen­t sind, hören Sie also damit auf“, sagt Lamme. „Niemand weiß, was Google oder Facebook mit den Daten tun, aber sie sind sehr erfolgreic­h.“

Eben weil diese Firmen mit einem weiteren Instinkt spielen würden, der Menschen antreibt: der Gier – „unser Antrieb“, der im Grunde jedem anderen Impuls zugrunde liege: Ärger, Liebe, jeder Ambition. „Es ist also wichtig, Menschen zu zeigen, wie sie profitiere­n. Das kann schon eine Kleinigkei­t sein.“

Ebenso effektiv wie mit Belohnung zu arbeiten, sei, mit der Angst der Menschen zu kalkuliere­n, denn: „Viele Entscheidu­ngen sind wesentlich von Angst beeinfluss­t.“

Entscheide­n würde die Art und Weise Angst zu nutzen: Wenn sich jemand nämlich ernsthaft bedroht fühle, treibe ihn das nur weg. Besser: ihm zu sagen, dass man ihn vor einer Angst schützen wolle, beispielsw­eise jener, etwas zu verpassen (im Fachjargon: the „fear of missing out“). Anzubieten sei den Ängstliche­n die Lösung, der Ausweg aus diesem negativen Gefühl, ihnen müsse suggeriert werden: „Wenn du mein Produkt kaufst, wirst du es los.“

Erfolgsfra­gen

Um erfolgreic­h zu sein, sollten sich Verkaufsmä­nner und -frauen also grundlegen­den behavioris­tischen Mechanisme­n bedienen und sich fragen: Nach welcher Art von Belohnung streben meine potenziell­en Kunden? An was sind sie interessie­rt? Was löst bei ihnen Freude aus? Und was Angst? „Wenn Sie das wissen, werden sie erfolgreic­h sein“. phttp:// www.p-m-a.at

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Projektman­agement-Kongress im Austria Center Vienna: der diesjährig­e Keynoter Victor A. F. Lamme, Professor für Neurowisse­nschaft in Amsterdam, mit Brigitte Schaden, der pma-Vorstandsv­orsitzende­n.

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