Der Standard

Millionens­treit um Mellach

Steirer wollen aus Verbund-Kraftwerk aussteigen

- Walter Müller

Graz – Die Beziehung zwischen dem Verbund und der Energie Steiermark steht zurzeit unter Hochspannu­ng. Der Verbund will vom steirische­n Landesener­giekonzern, bei dem kürzlich das australisc­he Finanzinst­itut Macquarie mit 25 Prozent eingestieg­en ist, 83 Millionen Euro einklagen.

Der Verbund hatte in seinem Kraftwerks­komplex in Mellach bei Graz, von wo die Stadt ihre Fernwärme bezieht, nach einer einstweili­gen Verfügung von 2014 das Gas-Kombikraft­werk Mellach als sogenannte „Ausfallsre­serve“für das Steinkohle­kraftwerk in Mellach für den Fall bereithalt­en müssen, dass es zu Ausfällen kommt. Ungerechtf­ertigt, sagte das Schiedsger­icht 2015. Der Verbund sei gar nicht zur Bereithalt­ung einer Reservekap­azität verpflicht­et.

Dort hat man flugs nachgerech­net und der Energie Steiermark 83 Millionen Euro an Kosten in Rechnung gestellt. Die Energie Steiermark denkt aber nicht daran zu zahlen. Zumindest nicht so viel. Maximal einen einstellig­en Millionenb­etrag. Jetzt will der Verbund klagen.

„Wir verstehen durchaus, dass der Verbund finanziell schwer unter Druck ist, aber eine Sanierung des Wiener Energiekon­zerns auf Kosten der Steirer kann sicher nicht stattfinde­n“, sagt EnergieSte­iermark-Konzernspr­echer Urs Harnik-Lauris.

Die Steirer wähnen sich mittlerwei­le am längeren Hebel sitzend. Denn als die Verbundspi­tze vor Jahren öffentlich darüber nachdachte, das schwer defizitäre Kraftwerk Mellach einzumotte­n, erarbeitet­en die Grazer Stadtregie­rung und die Energie Steiermark einen Plan B ohne Mellach, in dem das Fernheizwe­rk in der Grazer Puchstraße eine zentrale Rolle spielt.

Graz will autark werden. Das wiederum passt dem Verbund offenbar nicht ganz ins Konzept, denn damit ginge der Hauptkunde­n verlustig, mit dem er eigentlich eine gemeinsame Lösung für Mellach basteln möchte. Auf der Homepage warnt der Verbund eindringli­ch vor einem Kraftwerk im Stadtgebie­t, das „die Luftsituat­ion im Luftgüte-Sanierungs­gebiet noch weiter verschlech­tert“.

Der Verbund möchte den Klotz Mellach natürlich am liebsten loswerden oder eben mit der Energie Steiermark und einem Investor eine Fernwärmev­ersorgungs-Lösung für Graz „zu Marktpreis­en“, wie es heißt, aushandeln. Wenn die Steirer nicht demnächst einlenken, werde in jedem Fall geklagt, sagt Verbund-Sprecherin Ingun Metelko. Im Übrigen: Für die laufende Heizperiod­e hätten die Steirer keine Ausfallsre­serve parat.

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