Disput um die „Begehbarkeit“des Deserteursdenkmals
Mailath-Pokorny: Vielleicht nicht nur für „die Guten“, Manoschek: Inakzeptable „Instrumentalisierung“
Wien – Bei der „Asylmissbrauch Stopp“-Kundgebung von rund 300 Rechten am Wiener Ballhausplatz am vergangenen Samstag war – wie berichtet – das Rednerpult auf dem dortigen Deserteursdenkmal installiert, das an die Opfer der NS-Militärjustiz erinnern soll. Das führte zu massiven Protesten, unter anderem in sozialen Medien – zumal ein Redner die Kundgebungsteilnehmer von dort aus zur Bewaffnung gegen „Terroristen“aufrief.
Nun haben diese Ereignisse darüber hinaus einen Disput über die Funktion von besagtem Denkmal zur Folge. Klar sei, dass mit der Aufstellung des Rednerpults ein „Missbrauch“des Objekts stattgefunden habe, ließ der Wiener Kultur- und Sportstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) dem Standard über seinen Sprecher ausrichten: „Das Podest hätte eindeutig daneben stehen müssen.“
Jedoch sei das Denkmal von dem beauftragten Künstler, Olaf Nicolai, und dem sich dafür einsetzenden Personenkomitee von vornherein als Ort gesellschaftlicher Diskurse konzipiert worden. Es sei diskutierenswert, ob damit „nur die Guten gemeint“seien, sagte der Sprecher.
Tatsächlich ist der Beschreibung auf der offiziellen Homepage zu entnehmen, dass es sich bei dem Deserteursdenkmal um „begehbare“Kunst im öffentlichen Raum handelt. Damit habe man zum Beispiel gemeint, „dass auch Kinder darauf spielen sollen“– aber auf keinen Fall eine „Instrumentalisierung“durch Rechte, sagt der Wiener Politikwissenschaftler Walter Manoschek.
Vielmehr – so Manoschek, der sich ab 1999 für die Rehabilitierung der rund 30.000 Wehrmachtsdeserteure einsetzte und Mitglied des besagten Denkmal- Personenkomiteens war – hätte die Polizei am Samstag während der Kundgebung dafür sorgen müssen, „dass das Rednerpult von dem Denkmal heruntergeholt wird“.
Ob die Enterung des Deserteurdenkmals einen strafwürdigen Akt darstellt, ist laut dem Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk, wie berichtet, fraglich. Auch Manoschek hält das für fraglich. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser bereitet diesbezüglich eine parlamentarische Anfrage vor.
Kalaschnikow-Drohungen
Durchaus strafwürdig jedoch könnten laut einem Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW) Postings auf dem zur Rechten-Demo einladenden FacebookProfil der Gruppe „Rücktritt Werner Faymann“sein: „Volksaufstand jetzt! Auf nach Wien mit AK47 & STG77!!“(Anm.: Kalaschnikow-Maschinengewehre und Sturmgewehre), heißt es da etwa. Bundeskanzler Faymann wird mit dem „Aufhängen“bedroht. „Das sind rechtsextreme Äußerungen“, sagt der DÖW-Mitarbeiter.