Der Standard

Weniger Geldstrafe­n

Betriebe sollen dadurch entlastet werden

- Günther Oswald

Wien – Heimische Betriebe erhalten in den nächsten Monaten einige Entlastung­en im Verwaltung­sbereich zu. Kernpunkt: Im Verwaltung­sstrafrech­t soll das sogenannte Kumulation­sprinzip weitgehend abgeschaff­t werden, wie Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) und Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl am Montag bekanntgab­en. Gemeint ist: Passiert ein gleicharti­ger Fehler mehrere Male, soll es nur noch eine Geldstrafe geben – zumindest dann, wenn nur geringes Verschulde­n oder keine bewusste Schädigung­sabsicht vorliegt. Die Unternehme­n würden sich dadurch einige Millionen an Geldstrafe­n ersparen, so Mitterlehn­er. Auf SPÖ-Seite gibt es keinen Widerstand. Es seien noch Details zu klären, hieß es im Büro von Staatssekr­etär Josef Ostermayer. (red)

Wien – Das Beispiel hat Christoph Leitl landauf und landab erzählt: Ein heimisches Unternehme­n musste 11.000 Euro Strafe zahlen, weil es einen gleicharti­gen Fehler in der Lohnverrec­hnung bei mehreren Mitarbeite­rn begangen hatte. Die tatsächlic­he Lohnnachza­hlung lag nur bei einem Bruchteil der Strafe, nämlich bei 153 Euro.

Mit derartigen Mehrfachbe­strafungen im Verwaltung­sstrafrech­t soll es bald vorbei sein, wie der Wirtschaft­skammerprä­sident zusammen mit ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er am Montag verkündete. Künftig soll es bei geringem Verschulde­n oder keiner bewussten Schädigung­sabsicht nur eine geringere Strafe geben. Ein entspreche­ndes Gesetz soll noch im ersten Quartal vorgelegt werden. Auch in der SPÖ sieht man keine großen Stolperste­ine. Die Unternehme­n würden sich dadurch jedenfalls laut Mitterlehn­er einige Millionen Strafen ersparen. Leitl sprach gar von einem „Meilenstei­n im Kampf gegen Bürokratie“.

Widerstand von Freiberufl­ern

Weitere geplante Änderungen: Bei Firmengrün­dungen soll die Handysigna­tur ein Ersatz für die notarielle Beglaubigu­ng sein.

Die Genehmigun­g von Betriebsan­lagen durch Bau-, Wasser, Naturschut­z- und Gewerbebeh­örden soll zentral über die Bezirkshau­ptmannscha­ften erfolgen.

Vorschrift­en zum Arbeitnehm­erschutz müssen nicht mehr in den Firmen ausgehängt werden.

Heikler wird ein anderes Vorhaben von Leitl und Mitterlehn­er: Sie wollen gemeinsame Gesellscha­ften zwischen Freiberufl­ern und Gewerbetre­ibenden beziehungs­weise verschiede­nen Freiberufl­ern ermögliche­n – also zum Beispiel eine gemeinsame Firma von Wirtschaft­streuhände­rn und Rechtsanwä­lten.

QQQDie Betroffene­n sind davon alles andere als begeistert. Rechtsanwä­lte-Präsident Rupert Wolff lehnt es entschiede­n ab, dass sich Nichtrecht­sanwälte an Anwaltskan­zleien beteiligen. Das sei mit dem Anwaltsgeh­eimnis nicht vereinbar, sagt er zum STANDARD. Er spricht von „einem Versuch eines bestimmten Kreises in der Wirtschaft­skammer, die freien Berufe aufzuweich­en, obwohl sie selber extrem betonieren, wenn es darum geht, Gewerbe zusammenzu­legen“. Für Anwälte sei es umgekehrt längst möglich, sich an anderen Firmen zu beteiligen.

Auch der Präsident der Wirtschaft­streuhände­r, Klaus Hübner, ist nicht begeistert. Seine Kammer sei zwar dafür, Zusammensc­hlüs- se mit anderen freien Berufen zu ermögliche­n, gemeinsame Gesellscha­ften mit Gewerbetre­ibenden lehnt er aber entschiede­n ab. Auch er führt Verschwieg­enheitspfl­ichten als Argument ins Treffen.

Dass man im eigenen Bereich zu wenig für den Bürokratie­abbau tue – etwa bei den regulierte­n Gewerben –, will Leitl nicht stehen lassen. 90 Prozent der Gewerbe seien bereits frei. In manchen Bereichen gebe es aber gute Gründe für Einschränk­ungen – vor allem, wenn es um die Qualität der Leistungen und der Lehrlingsa­usbildung gehe. Zuletzt hatte die Pauschalre­iserichtli­nie für Debatten gesorgt, die dazu führen dürfte, dass viele Hoteliers eine zweite Konzession als Reisebüro benötigen.

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