Kopf des Tages
Marcelo Rebelo de Sousa setzt auf Versöhnung – Land wirtschaftlich am Boden
Der Jus-Professor, linke Konservative und bekennende Christ Marcelo Rebelo de Sousa wird Portugals neuer Präsident.
Lissabon/Madrid – Es war ein Rennen ohne echten Gegner. Der 67jährige konservative Juraprofessor Marcelo Rebelo de Sousa gewann am Sonntag mit 52 Prozent der Stimmen die Präsidentschaftswahlen in Portugal im ersten Wahlgang und tritt damit die Nachfolge seines Parteifreunds Ánibal Cavaco Silva an. Weit abgeschlagen belegt der Sozialist und Rektor der Universität in Lissabon, António Sampaio da Nóvoa, mit 22,9 Prozent Platz zwei.
Der auf fünf Jahre gewählte Staatschef hat in Portugal wichtige Funktionen. Die Politik bestimmt die Regierung, doch der Präsident kann ein Veto gegen Ge- setze einlegen, das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.
Wahlsieger de Sousa wird als Konservativer mit einer Linksregierung unter dem Sozialisten António Costa leben müssen. Noch in der Wahlnacht versprach er, „Brücken zu bauen“. Er will das Land nach Jahren des harten Sparkurses wieder aussöhnen.
Bekämpfung der Armut
Im Wahlkampf hatte er versprochen, den Haushalt der Linksregierung, in dem einige schmerzhafte Sparmaßnahmen zurückgenommen werden, zu unterstützen. Das Land könne es sich „nicht leisten, Feindseligkeiten zu nähren“. Nur Wachstum und Bekämpfung der Armut könne eine Radikalisierung verhindern, mahnte der neue Präsident.
Portugal hat 2014 den europäischen Rettungsschirm verlassen. Doch das Land ist weit davon entfernt, die Krise endgültig hinter sich zu lassen. Die Staatsverschuldung liegt bei rund 130 Prozent. Die Auswirkungen der Sparpolitik der vergangenen Jahre sind verheerend. Die Arbeitslosigkeit beträgt 13 Prozent, knapp 600.000 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz, die Löhne sanken um rund 20 Prozent, bei steigenden Steuern. Laut Gewerkschaften verdient jeder fünfte Erwerbstätige nur noch den Mindestlohn von 505 Euro. 27 Prozent leben an oder unter der Armutsgrenze.
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